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Speisevorschriften im Hinduismus

Ganesha ist der Entferner der Hindernisse.
Ganesha ist der Hindu-Gott der praktischen Weisheit, der Entferner der Hindernisse. Aufgenommen im Royal Albert Memorial Museum, Exeter.

Der Hinduismus gilt als die älteste praktizierte Religion. Seine Traditionen haben sich über Jahrtausende entwickelt und wurden durch viele andere Religionen und Kulturen beeinflusst. Die meisten Hindus glauben an eine höchste Gottheit, deren Eigenschaften und Erscheinung durch verschiedene Götter repräsentiert wird. Für Hindus existiert ein Kreislauf zwischen Geburt, Tod und Wiedergeburt und es gibt viele Rituale, die den Alltag prägen. Eine große Rolle spielt die Auswahl der Speisen.

Die meisten Hindus leben in Indien und Nepal. In Deutschland weist die Statistik für das Jahr 2010 etwa 110.000 Menschen dieses Glaubens aus. Das Wort Hindu stammt vom Sanskrit-Wort "sindhu" ab, das allgemein Fluss bedeutet. Sowohl Perser wie auch Griechen bezeichneten mit "sindhu" jene Menschen, die am Fluss Indus lebten. Im Persischen wandelte sich das Wort zu "Hindu" und erhielt einen religiösen Zusammenhang, denn so wurden alle nicht-muslimischen Inder benannt. Erst im 19. Jahrhundert brachten die britischen Kolonialherren das Wort Hinduismus mit der Religion in Verbindung.

Die Ursprünge des Hinduismus

Anders als bei anderen Religionen gibt es weder einen Religionsgründer noch ein Gründungsereignis. Ursprung ist die vedische Kultur einer indogermanischen Volksgruppe, den Ariern, die sich im Nordwesten Indiens angesiedelt hatten. In der vedischen Kultur sind die vier Veden zentral, die in mündlicher Überlieferung über viele Jahrtausende vom Lehrmeister (Guru) an die Schüler weitergegeben wurden. In das Deutsche übersetzt, bedeutet das Sanskrit-Wort Veda "das Wissen" oder "das heilige Wissen". Der indischen Tradition nach ist es unmöglich, die Veden vollständig zu studieren, da sie als unerschöpflich und ewig gelten.

Die Entstehung der vier Hauptkasten

In der ältesten Veda, der Rig-Veda oder auch Ṛgveda, wird geschildert, wie aus einem Urwesen (Puruṣa) vier Kasten entstanden: Aus dem Gesicht wurden die Priester (Brahmanen), aus den Armen die Krieger (Kṣatriyas), aus den Schenkeln die Bauern (Vaiśyas) und aus den Füßen die Arbeiter (Śūdras). Das Sanskrit-Wort Varṇavyavastha heißt übersetzt "Farbensystem" und bezeichnet die Ordnung der Gesellschaft in Kasten. Es wird vermutet, dass anfänglich das Kastensystem für die einwandernden, hellhäutigen Indoarier eine Möglichkeit war, sich von den Einheimischen abzugrenzen. Offiziell wurden die Kasten inzwischen vom indischen Staat abgeschafft (Sie verlassen die Internetseite weitere Informationen zum Kastensystem).

Speisegebote

"...All that you do, all that you eat, all that you offer and give away, as well as all austerities that you may perform, should be done as an offering unto Me." (Bhagavad-gita 9.27)

(...Alles, was Du tust, alles, was Du isst, alles, was Du spendest, aller Verzicht, den Du übst, soll mir dargeboten werden.)

Heute gilt es als gesichert, dass die Arier in der vedischen Kultur Rindfleisch so genossen wie anderes Fleisch auch. Verbindliche Speisevorschriften sind aus der Zeit nicht überliefert. Mit der Entstehung des Buddhismus und Jainismus entwickelten sich neue religiöse Vorstellungen. Die Gründer Siddhartha (Buddhismus) und Mahavira (Jainismus) stammten beide aus der Kriegerkaste. In diesen Religionen hat das Prinzip des Nicht-Verletzens (Ahimsa) eine große Bedeutung und wird auch auf Tiere bezogen. Daraus ergab sich die Forderung nach vegetarischer Ernährung, die dann für den Hinduismus übernommen wurde. Die "Food and Agriculture Organization" (FAO) berichtete 2003, dass 42 % der Inder als Laktovegetarier leben. Die übrigen 58 % sind weniger strenge oder gar keine Vegetarier. In einer Umfrage aus dem Jahr 2014 gaben allgemein noch 28,4 % der Männer und 29,3 % der Frauen an vegetarisch zu leben. Wobei der Anteil der Vegetarier zwischen den Bundesstaaten stark schwankt. Während in Rajasthan 73.2 % der Männer und 76.6 % der Frauen vegetarisch leben, sind es in Telangana nur 1,2 % der Männer und 1,4 % der Frauen [1].
Der Hinduismus schreibt auch Tieren eine Seele zu und gebietet folglich respektvollen Umgang mit allen Lebewesen. Die Kuh aber ist die heiligste Tiergottheit; in ihr sind alle Götter vereint. Es ist bis heute für fast alle Hindus undenkbar, Rindfleisch zu essen und in Indien ist, bis auf zwei Bundesstaaten, das Töten einer Kuh verboten.

Guna (Sanskrit = Eigenschaft, Qualität)

Der indischen Samkhya-Philosophie gemäß gibt es die Urmaterie (Prakriti). Sie setzt sich aus drei verschiedenen Gunas - Tamas, Rajas und Sattva - zusammen. Die Speisen werden den drei Gunas zugeordnet, wobei jene, die tamas sind, gemieden werden sollten:

Sattva "Gleichgewicht und Harmonie": Hierunter fallen wenig gewürzte Nahrungsmittel und beispielsweise Milchprodukte, das meiste frische Obst und Gemüse, Reis, Mandeln, Linsen (schwarz und braun) und Walnüsse. Sie bewirken Güte und Reinheit.
Rajas "Leidenschaft herbeiführend": Dies sind saure, bittere, trockene, salzige und sehr scharf gewürzte Speisen. Rajas Lebensmittel sollten nur in kleinen Mengen verzehrt werden. Hierzu zählen Aubergine, Avocado, Chilli, Erdnüsse, Essig, rote Linsen und → Salz. → Eier, Knoblauch und Zwiebeln werden oft auch tamas zugeordnet.
Tamas "Dunkelheit herbeiführend": Hierbei handelt es sich um alte Speisereste sowie verdorbene, stark verarbeitete oder überreife Lebensmittel. Hierzu zählen alkoholische Getränke, Fisch, Fleisch, frittierte Gerichte, Geflügel, Pilze, Süßstoff und Lebensmittel aus der → Mikrowelle. Sie machen die Menschen dumpf und träge.

Prasada

Prasada bedeutet "Barmherzigkeit". Dies wird Lebensmitteln zugeschrieben, die den Gottheiten im Tempel dargeboten werden. Für die Gläubigen ist die Opfergabe eine gute, religiöse Tat, die der spirituellen Reinigung von Körper, Geist und Seele dient. In den Tempeln sind gewöhnlich Brahmanen mit der Zubereitung von Speisen befasst. Nimmt man eine mit Hingabe zubereitete Prasada an, so steigert diese die Spiritualität des Gläubigen. Denn es ist ein weitverbreiteter Glaube, dass das Bewusstsein des Koches auf die Speisen übergeht und den Geist des Gläubigen beeinflusst.

Für Hindus kochen

Vegetarische Mahlzeiten ohne Eier sollten von den meisten Hindus akzeptiert werden. Fast alle frischen Obst- und Gemüsesorten können bei der Zubereitung verwendet werden. Im "grünen Bereich" sind auch Milchprodukte, Ghee (Butterschmalz) sowie Hülsenfrüchte. Als Beilage eignet sich beispielsweise Reis, Naan oder Chapati (auch Roti genannt). Dieses Fladenbrot wird aus Weizenvollkornmehl (Type 550) und Wasser hergestellt. In einem Gespräch kann vorab geklärt werden, inwieweit Eier, Fisch, Fleisch, Knoblauch, Zwiebeln oder auch Pilze toleriert werden.

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Quellen

[1] Sie verlassen die Internetseite Sreeraj TK (2016): This Survey Found Out How Many Indians Are Non-Vegetarians And Which State Is The Least Vegetarian. Zugriff am 28.6.2017
Sie verlassen die Internetseite The Times of india (2016): At 99 %, Telangana has maximum non-vegetarians in the country. Zugriff am 28.6.2017
Sie verlassen die Internetseite Hale Pule, LLC (2018): Eating for balance: Sattvic foods. Zugriff 27.6.2019
Sie verlassen die Internetseite The Living Centre (2019): Peace through a Sattvic Diet. Zugriff 27.6.2019
Sie verlassen die Internetseite CureJoy Inc. (2017): Ayurveda On Rajasic and Tamasic Foods: Onion and Garlic. Zugriff 27.6.2019
Sie verlassen die Internetseite Wikipedia Eintrag: Guna, zuletzt aufgerufen am 3.2. 2013, 14:42 Uhr.
Sie verlassen die Internetseite Wikipedia Eintrag: Chapati, aufgerufen am 27.6.2019 17:01 Uhr.
Sie verlassen die Internetseite Vegetarierbund Deutschland: Veganismus und Vegetarismus in den Weltreligionen.
Sie verlassen die Internetseite Religionen & Weltanschauungsgemeinschaften in Deutschland: Mitgliederzahlen, Religionswissenschaftlicher Medien- und Informationsdienst e. V. - REMID
Sie verlassen die Internetseite BBC Religions: Introduction to Hinduism, last updated 2009-09-29
Sie verlassen die Internetseite Rainer Kellers: Die vermutlich älteste und rätselhafteste der Weltreligionen - Der Hinduismus, Stand: 15.02.2008
Sie verlassen die Internetseite The Heart of Hinduism: Food and Prasada
Sie verlassen die Internetseite Faith in Food: Hinduism
Sie verlassen die Internetseite Faithandfood Fact Files – Hinduism
Sie verlassen die Internetseite Christopher L. Delgado, Clare A. Narrod, Marites M. Tiongco: Policy, Technical, and Environmental Determinants and Implications of the Scaling-Up of Livestock Production in Four Fast-Growing Developing Countries: A Synthesis - 2.3 Growth and Concentration in India, July 24, 2003
Vanamali Gunturu: Hinduismus – Die große Religion Indiens, 2000
Rainer Krack: Hinduismus erleben, 2001
Johanna Buß: Hinduismus für Dummies, 2009

Ausführliche Quellenangaben