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In Deutschland leiden etwa 10-20 % der Erwachsenen unter einer Milchzuckerunverträglichkeit [1]. In Afrika und Ostasien sind es sogar 65 bis über 90 % der erwachsenen Bevölkerung [9]. Bei der Laktoseintoleranz fehlt das Verdauungsenzym Laktase oder wird in unzureichender Menge produziert. Dieses Enzym ist notwendig, um den in der Milch enthaltenen Milchzucker (Laktose) in seine Einzelbestandteile Glukose und Galaktose zu spalten (→ Kohlenhydrate). Der Laktasemangel kann angeboren sein (absolute Laktoseintoleranz) oder wird in einem späteren Lebensabschnitt erworben. Bei den meisten Menschen nimmt im Laufe ihres Lebens die Aktivität des Enzyms Laktase ab. Ist das Enzym Laktase nicht mehr in ausreichender Menge vorhanden, gelangt die Laktose in den Dickdarm. Dort bauen Darmbakterien den Milchzucker zu organischen Säuren (Milchsäure und Essigsäure) sowie Gasen (Kohlendioxid, Methan und Wasserstoff) ab. Es strömt viel Wasser in den Darm und die Darmbewegung wird angeregt. Als Folge können Blähungen, Durchfall sowie Bauchkrämpfe auftreten [2, 3, 4].
Die Ursachen, warum Menschen im Laufe ihres Lebens weniger Laktase produzieren, sind vielfältig. Bei einem angeborenen Laktasemangel (absolute Laktoseintoleranz) vertragen bereits Säuglinge keinen Milchzucker, weil aufgrund eines Gendefektes das Enzym Laktase gar nicht oder nur sehr eingeschränkt gebildet wird. Die angeborene Laktoseintoleranz ist allerdings sehr selten. In den meisten Fällen reduziert sich nach dem Abstillen die gebildete Laktasemenge. Das kann je nach Weltregion unterschiedlich stark ausgebildet sein. Während die erwachsene Bevölkerung in Mittel- und Südasien kaum Milchprodukte verträgt, können Menschen aus der nördlichen Hemisphäre wie beispielsweise in Europa noch im hohen Alter Milchzucker verdauen. Der Grund für das Fortbestehen der Enzymproduktion ist eine Genmutation [3].
Ein weiterer Grund für den Laktasemangel kann die Schädigung der laktaseproduzierenden Zellen durch eine Darmerkrankung sein. Meist ist die Enzymproduktion dann nur vorübergehend beeinträchtigt, nur in seltenen Fällen wird die Laktoseintoleranz chronisch [3].
Je nach Schweregrad der Krankheit und abhängig von der aufgenommenen Laktosemenge reagiert der Körper mit unterschiedlichen Symptomen. Die häufigsten sind Blähungen und Darmwinde, Durchfall, Bauchkrämpfe und Übelkeit. Wobei bei der angeborenen Laktoseintoleranz die Symptome bedeutend schwerer ausfallen, als bei der erworbenen Form [3, 5].
Trotz einer Laktoseintoleranz muss häufig nicht vollständig auf den Verzehr von Milchzucker verzichtet werden. Die Angaben zu den verträglichen Mengen unterscheiden sich jedoch zwischen den Quellen. Eine Quelle schreibt, dass bei einem leichten Schweregrad Menschen 8-10 g Milchzucker pro Tag vertragen, während es bei einem mittleren Schweregrad nur bis zu einem Gramm sind [3]. In einer anderen Quelle steht, dass bis zu 12 g Laktose auf einmal oder bis zu 24 g Milchzucker über den Tag verteilt bekömmlich sind [9].
Um herauszufinden, welche Ursache die Beschwerden eines Patienten haben, wird eine bestimmte Menge Milchzucker (50 g) in Wasser gelöst und den Patient*innen zu trinken gegeben. Besteht eine Laktoseintoleranz gelangt der Milchzucker in den Dickdarm, wo Bakterien ihn unter anderem zu Wasserstoff verstoffwechseln. Dieser Wasserstoff wird im Körper aufgenommen und über die Lunge ausgeatmet. Mit einem H2-Laktose-Atemtest kann der Wasserstoff-Anstieg in der Atemluft gemessen werden. Befindet sich mehr als 20 ppm Wasserstoff in der Atemluft, kann mit ziemlicher Sicherheit von einer Laktoseintoleranz ausgegangen werden.
Beim venösen Lactose-Toleranztest wird getestet, wie weit der Blutzucker nach der Einnahme der Laktose ansteigt. Bleibt ein Anstieg des Blutzuckers komplett aus oder steigt er nur leicht an (Blutzuckeranstieg von weniger als 20 mg/dl), kann von einer Laktoseintoleranz ausgegangen werden [2, 3, 5, 6].
Je nach schwere der Laktoseintoleranz muss auf laktosehaltige Lebensmittel wie → Milch und Milchprodukte verzichtet werden. Allerdings ist in den seltensten Fällen ein vollständiger Verzicht notwendig. Vielmehr haben die Betroffenen die Gelegenheit, je nach individueller Kapazität der enzymatischen Spaltung, selbst zu entscheiden, welche Lebensmittel sie verzehren können und welche sie meiden müssen. In der Regel werden Milch und Milchprodukte zusammen mit anderen Speisen besser vertragen als beim alleinigen Verzehr.
Außerdem gibt es die Möglichkeit Laktasepräparate zu sich zu nehmen. Dies ermöglicht eine unbeschwerte Aufnahme kritischer Lebensmittel [2].
Wichtig ist darauf zu achten einem Kalziummangel vorzubeugen, denn Milch und Milchprodukte sind wichtige Kalziumlieferanten (→ Kalzium). Betroffenen Personen sollten Lebensmittel mit einem natürlich hohen Gehalt an Kalzium bevorzugen wie z. B. Brokkoli oder Grünkohl und kalziumreiches Mineralwasser. In einigen Fällen kann es sinnvoll sein Kalzium als Nahrungsergänzungsmittel zu sich zu nehmen, um z. B. Osteoporose vorzubeugen. Davor sollte eine Ärztin oder einem Arzt konsultiert werden [2, 3].
Laut der EU-Verordnung Nr. 1169/2011 - besser bekannt als Lebensmittel-Informationsverordnung (LMIV) - müssen Inhaltsstoffe, die Allergien oder Unverträglichkeiten hervorrufen können, auf Verpackungen optisch hervorgehoben werden (→ Lebensmittelkennzeichnung). Dazu gehört auch Milch und daraus gewonnene Erzeugnisse. Es muss jedoch nur die Zugabe von → Milch und Milchprodukten gekennzeichnet werden, nicht die verarbeitete Menge. Einen Hinweis zur Menge erhalten sie über die Zutatenliste, in der alle Zutaten in der Rangfolge des Anteils am Gesamtgewicht aufgelistet werden und zwar in absteigender Reihenfolge. An erster Stelle steht die Hauptzutat und am Ende die Zutat mit dem geringsten Mengenanteil. Auf folgende Begriffe müssen sie achten:
Lebensmittel | Laktosegehalt pro 100 g |
Vollmilchschokolade | 6,5 |
Kuhmilch | 4,7 |
Naturjoghurt (3,5 % Fett) | 3,2 |
Hüttenkäse / körniger Frischkäse | 3,3 |
Butter | 0,5 |
Camembertkäse (45 % Fett i. Tr.) | 0,03 |
Margarine | 0 |
die meisten Hart- und Schnittkäse (z. B. Parmesan, Emmentaler, Gouda, Edamer, Tilsiter) | 0 |
Haferdrink, Sojadrink | 0 |
Bei mittlerer bis leichter Unverträglichkeit können die meisten Käsesorten unbedenklich verzehrt werden. Nach der Reifungszeit enthalten die meisten härteren Käsesorten fast kein oder nur geringe Mengen Laktose. Weichkäsesorten sollten hingegen mit Vorsicht genossen werden, denn durch die kürzere Reifungszeit sind solche Käsesorten nicht laktosefrei. Fermentierte Milchprodukte wie Joghurt oder Sauermilch werden oftmals besser vertragen, weil die Milchsäurebakterien die Laktose abbauen können [1, 2].
In den Supermärkten gibt es ein großes Angebot an Produkten, die keine Laktose enthalten. Außerdem gibt es von verschiedenen Herstellern Milch und Milchprodukte, in denen die Laktose durch Zugabe von Laktase schon gespalten wurde (sog. MinusL/laktosefreie Produkte). Da durch das Spalten der Laktose in die Einfachzucker Glukose und Galaktose eine höhere Süßkraft entsteht, schmeckt laktosefreie Milch süßer als andere Milch. Bei einigen laktosefreien Produkten kann der Zuckeranteil reduziert werden. Ansonsten enthalten laktosefreie Produkte die gleichen Inhaltsstoffe wie die herkömmlichen Produkte. Wer ganz auf → Milch und Milchprodukte verzichten möchte, findet im Supermarkt unter anderem Mandeldrink, Haferdrink, Reisdrink und Sojadrink [3, 7, 8].
Für die meisten Lebensmittel gibt es keine gesetzlichen Regelungen, wann Lebensmittel als „laktosearm“ und „laktosefrei“ bezeichnet werden dürfen. Eine Ausnahme bilden Milch und einige Milchprodukte, für die gesetzlich verbindliche Kennzeichnungsregeln existieren. So muss ein reduzierter Laktosegehalt von Milch oder Milcherzeugnissen wie Joghurt, Buttermilch oder Käse und Käseerzeugnissen deutlich sichtbar auf dem Etikett angegeben werden. Als „laktosefrei“ gilt ein Produkt, wenn der Laktosegehalt unter 0,1 g pro 100 Gramm oder 100 Milliliter Lebensmittel liegt.
Bei anderen Lebensmittelgruppen sind die Angaben des Laktosegehaltes freiwillig. Üblicherweise werden auch hier die Produkte als „laktosefrei“ bezeichnet, wenn sie weniger als 0,1 Gramm Laktose pro 100 Gramm enthalten [7, 8].
In vielen Lebensmitteln, Diätprodukten und Medikamenten wird Milchpulver zugesetzt, auch in Lebensmitteln, wo Sie es vielleicht nicht erwarten. Deshalb lohnt sich ein kritischer Blick auf die Zutatenliste [1].
Autorin: Christine Gehle (Bachelor of Science in Ökotrophologie)
Überarbeitet am 02.03.2021 von Urte Paaßen
[1] Hans Konrad Biesalski, Peter Grimm, Susanne Nowitzki-Grimm (2017): Taschenatlas Ernährung. Thieme Verlag
[2] Hahn, A.; Ströhle, A.; Wolters, M. (2006): Ernährung – Physiologische
Grundlagen, Prävention, Therapie. Stuttgart. Wissenschaftliche
Verlagsgesellschaft
[3] Ernährungs-Umschau (Hrsg.) (2010): Laktoseintoleranz. Zugriff am 02.03.2021
[4] Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) (Hrsg.) (2011): Essen und Trinken bei Laktoseintoleranz. Zugriff am 02.03.2021
[5] Pschyrembel Klinisches Wörterbuch. 268. Auflage. 2020
[6] Laborlexikon (2021): Lactose-Toleranztest. Zugriff am 02.03.2021
[7] Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) (2024): Einkaufen bei Laktoseintoleranz. Zugriff am 02.12.2024
[8] Bundeszentrum für Ernährung (Hrsg.) (2022): Laktosefreie Lebensmittel. Zugriff am 02.12.2024
[9] Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) (2024): Laktoseintoleranz (Milchzucker-Unverträglichkeit). Zugriff am 02.12.2024
[10] Souci, S.W. / Fachmann, W. / Kraut, H.: Food Composition and Nutrition Tables - Die Zusammensetzung der Lebensmittel, Nährwert-Tabellen - La composition des aliments Tableaux des valeurs nutritives, 2024
Huch, R.; Jürgens, K.D. (2011): Mensch – Körper – Krankheit. München.
Urban und Fischer Verlag/Elsevier GmbH