Sie befinden sich hier: Startseite > Ernährung > Lebensmittel garen
Dass der Mensch
seine Nahrung vor dem Verzehr gart, unterscheidet ihn vom Affen und
wurde vor 1,8 Millionen Jahren von der ausgestorbenen Spezies Homo
erectus entwickelt. Aber warum machen wir uns diese Arbeit und
essen nicht einfach alle Lebensmittel roh? Durch das Garen wird die
Konsistenz und chemische Beschaffenheit der Lebensmittel verändert: → Proteine
gerinnen (denaturieren), stärkehaltige Lebensmittel werden gallertartig,
harte Nahrung wird weich. Dadurch lässt sie sich leichter kauen und
viele Nährstoffe werden nach dem Kochen im Darm besser aufgenommen als
wenn man sie roh verzehrt.
Durch die Hitzeeinwirkung werden Bakterien und andere Mikroorganismen
abgetötet, was einerseits die Haltbarkeit der Lebensmittel erhöht und
andererseits verhindert, dass Krankheitserreger überleben. Obendrein
ändern Lebensmittel durch das Garen ihren Geschmack und der Genuss
spielt ja beim Essen ebenfalls eine wichtige Rolle.
Zuerst werden die Garverfahren kurz vorgestellt. Auf der nächsten Seite wird der Frage nachgegangen, → wann beim Kochen das Salz ins Wasser gegeben werden sollte.
Beim Kochen werden die Lebensmittel in viel Flüssigkeit (z. B. → Wasser, Brühe oder → Milch) bei etwa 100 °C gegart. Für das Garverfahren ist es unerheblich, ob der Topf auf einer Herdplatte oder im Backofen erhitzt wird.
Lebensmittel werden für 2-5 Minuten gekocht und anschließend in eiskaltem Wasser abgeschreckt, um den Garprozess zu stoppen. Beim Blanchieren behält das Gemüse seine schöne Farbe. Das Garverfahren eignet sich hervorragend für Lebensmittel, die anschließend eingefroren werden.
Beim Dünsten werden die Lebensmittel im eigenen Saft bei Temperaturen zwischen 80 und 100 °C in einem geschlossenen Gefäß gegart. Eventuell kann etwas → Wasser oder Fett zugegeben werden. Dünsten ist ein sehr schonendes Garverfahren, bei dem sowohl die Nährstoffe wie auch der Eigengeschmack und die Farbe der Lebensmittel erhalten bleiben. Es kann sowohl auf dem Herd wie auch im Backofen gedünstet werden.
Abbildung 1: Siebeinsatz für einen Topf |
Bei diesem Verfahren werden die Lebensmittel im Wasserdampf bei Temperaturen von 80 °C bis 100 °C gegart. Beim Dämpfen wird nur wenig → Wasser benötigt, weil Wasserdampf ein vielfaches des Volumens von Wasser hat. Aus einem Liter Wasser entstehen rund 1700 Liter Wasserdampf. Der Wasserdampf kann in einem Topf (Abbildung 1), Dampfgarer oder im Kombidämpfer erzeugt werden, das Gargut liegt auf einem Locheinsatz und wird vom Wasserdampf umströmt. In Dampfgargeräten oder einem Backofen mit Dampfgarsystem liegen die Temperaturen zwischen 75 °C und 100 °C. Dämpfen ist eine nährstoffschonende Zubereitung, die zusätzlich die Farbe und den Eigengeschmack der Lebensmittel erhält. Die Garzeit kann aber etwas länger sein als beim Kochen (z. B. bei Kartoffeln). Das Dämpfen kann auch unter erhöhtem Druck geschehen, dann spricht man von Dampfdruckgaren.
Die Siedetemperatur von Wasser ist abhängig vom Luftdruck. Das heißt, bei einem geringen Luftdruck siedet das → Wasser eher, bei hohem Luftdruck hingegen später. Diese Tatsache wird sich beim Druckgaren zunutze gemacht. Durch das dichte Verschließen des Dampfdrucktopfes wird ein Überdruck aufgebaut, der es erlaubt, den Siedepunkt bis zu einer Temperatur von 120 °C zu erhöhen. Durch die erhöhte Temperatur verkürzt sich die Garzeit deutlich und damit auch der Energieverbrauch. Damit kein Überdruck aufgebaut wird, findet durch ein Überdruckventil ein Druckaustausch statt. Bei vielen Töpfen können verschiedene Druckstufen eingestellt werden, die auch das Garen bei niedrigeren Temperaturen erlauben.
Beim Schmoren werden die Lebensmittel zuerst in Fett (→ Lipide) → angebraten, danach etwas Flüssigkeit hinzugefügt und bei Temperaturen zwischen 80 °C und 100 °C gegart. Schmorgerichte können in einem geschlossenen Topf auf der Kochstelle oder im Backofen zubereitet werden. Durch das Braten entstehen Röststoffe, die einer Soße Farbe und Geschmack verleihen.
Hierbei werden Lebensmittel in viel Flüssigkeit bei Temperaturen zwischen 75 °C und 95 °C gegart. Die Flüssigkeit wird zuerst zum Kochen gebracht und dann das Gargut eingelegt. Dabei sinkt die Temperatur und sollte im weiteren Verlauf des Garziehens auf einer Temperatur von ca. 80 °C gehalten werden, sodass in der Flüssigkeit keine übermäßigen Strömungen auftreten. Angewendet wird dieses Garverfahren bei Lebensmitteln, die bei Kochen zerfallen würden wie z. B. Knödel (Klöße), Gnocchi oder Brühwürstchen.
Hierbei nehmen Lebensmittel, die sie umgebende Flüssigkeit auf und nehmen dadurch an Volumen zu. In der Durchführung ähnelt es dem Garziehen, denn auch hier wird die Flüssigkeit erst zum Kochen gebracht und anschließend die Temperatur heruntergestellt. Die Temperatur liegt unterhalb des Siedepunktes zwischen 70 °C und 95 °C. Das Verfahren eignet sich für Reis, Gries, Polenta und Teigwaren.
Beim Braten werden die Lebensmittel (wie Fleisch, Fisch, Eierspeisen oder Kartoffeln) in wenig Fett (→ Lipide) gegart. Gebraten werden kann in einem offenen Gefäß wie einer Pfanne auf dem → Herd oder in einem offenen Brattopf, Bräter oder Kasserolle im Backofen bei Temperaturen zwischen 160 °C und 300 °C. Beim Braten entstehen Röststoffe, das Gargut wird gebräunt und erhält eine Kruste ( Maillard-Reaktion).
Abbildung 2: Bratenthermometer |
Damit dem Fleisch vor dem Braten nicht zu viel Wasser entzogen wird, ist zu empfehlen es kurz vor oder nach dem Braten zu salzen (→ Osmose). Am Ende ist es Geschmackssache, denn es gibt auch Köche, die Fleisch extra 12 Stunden vor der Zubereitung salzen [7]. Dass bei hohen Brattemperaturen das Fleisch saftiger bleibt, liegt nicht daran, dass eine wasserundurchlässige Kruste gebildet wird, sondern durch die Reduzierung der Garzeit weniger Flüssigkeit verloren geht [8]. Statt Fleisch vollständig in der Pfanne durchzubraten, können Sie es auch anbraten und anschließend (vielleicht noch mit einem Stückchen Kräuterbutter obenauf) bei 100 °C für etwa 20 Minuten in den Backofen stellen und dort durchgaren. So bleibt kurz gebratenes Fleisch deutlich saftiger. Die Garzeit ist abhängig von der Größe des Fleischstückes.
Für die Zubereitung von Fleisch im Backofen gibt es Bratenthermometer (Abbildung 2), mit denen die Kerntemperatur eines Fleischstückes gemessen werden kann. Auf diesem sind die Temperaturen verzeichnet, bei denen die Fleischsorten wie Schweinefleisch, Geflügel oder Rindfleisch durchgegart, auf dem Punkt oder blutig sind. Thermometer zum Messen der Kerntemperatur gibt es auch digital.
Werden Lebensmittel auf Temperaturen von über 120 °C bei geringer Feuchtigkeit erhitzt, kann Acrylamid entstehen. Acrylamid steht im Verdacht karzinogen zu wirken, d. h. eine mögliche Ursache von Krebs zu sein. Gebildet wird diese chemische Substanz bei der Reaktion zwischen Aminosäuren (→ Proteine) und Zucker (→ Kohlenhydrate). Daher ist die Gefahr, dass Acrylamid entsteht beim Braten, Backen, Frittieren oder Rösten insbesondere von stärkehaltigen Lebensmitteln wie Kartoffeln oder Brot besonders hoch. Um das Risiko zu minimieren, sollten Lebensmittel nicht über 180 °C erhitzt werden [12]. Die „Vereine für Unabhängige Gesundheitsberatung (UGB)“ empfiehlt generell, beim Braten die Temperaturen von 130-140 °C nicht zu überschreiten [11]. Im Vereinigten Königreich startete im Januar 2017 die Initiative „Go for gold“ zu deutsch „Setzen Sie auf Gold“. Die Food Standards Agency (FSA) empfiehlt als Daumenregel stärkehaltige Lebensmittel nur so lange zu braten, backen, toasten oder zu rösten, bis sie einen Goldton erhalten haben [1, 4]. Zur Reduzierung des Acrylamidgehalts in Lebensmitteln gelten seit dem 11. April 2018 europaweit Auflagen für die Herstellung und Verarbeitung von Kartoffelerzeugnissen, Brot und Feinbackwaren, Frühstückscerealien, Säuglingsnahrung, Kaffee und Kaffeeersatzprodukten [2]. So sollten beispielsweise Kartoffelsorten mit einem geringen Gehalt an Acrylamidvorstufen wie Zucker (Fruktose und Glukose) und Asparagin, verwendet werden. Das Süßwerden der Kartoffeln kann durch geeigneten Lagerbedingungen (→ Lebensmittel lagern) begrenzt werden [3].
Beim Frittieren werden die Lebensmittel vollständig in heißes Fett (→ Lipide)
eingetaucht und gegart. Dabei gibt das Gargut Wasser ab und nimmt Fett
auf, wird gebräunt und es entsteht eine Kruste ( Maillard-Reaktion). Durch
den hohen Fettgehalt sind die Lebensmittel schwer verdaulich. Die Verbraucherzentrale rät, beim Frittieren die Temperaturen unter 175 °C zu halten. Am besten wird die Temperatur mit einem Fett-Thermometer überprüft. Auch sollten Lebensmittel nach Möglichkeit nicht länger als 3,5 Minuten frittiert werden [5]. Siehe auch → Acrylamid.
Werden Lebensmittel zum Frittieren ins Fett gegeben, reduziert sich dessen Temperatur. Damit der Temperaturabfall nicht zu groß ist, sollten nicht zu große Mengen gleichzeitig in das Fett gegeben werden. Hier empfiehlt die Verbraucherzentrale ein Lebensmittel-Fett-Verhältnis von 1:10 bis 1:15. Das heißt, für 100 g Frittiergut werden 1,0-1,5 Liter Frittierfett benötigt [5].
Garen von Lebensmitteln im → Backofen in trockener heißer Luft im Allgemeinen zwischen 140 °C und 300 °C. Gebacken werden Teige (Brot und Kuchen), aber auch Aufläufe und Gratin. Das Gargut wird braun und erhält eine Kruste. Siehe auch → Acrylamid.
Ein ähnliches Verfahren wie Dünsten ist das Garen in Folie, bei dem das Gargut ebenfalls im eigenen Saft gegart wird. Statt eines geschlossenen Topfes wird allerdings eine hitzebeständige Bratfolie verwendet, in die das Gargut gelegt und die anschließend verschlossen wird. Die Folien halten Temperaturen bis 220 °C aus [6].
Sous-vide bedeutet aus dem französischen übersetzt „unter Vakuum“ und bezeichnet eine Methode, bei der Lebensmittel in einem speziellen Kunststoffbeutel vakuumiert und anschließend im Wasserbad gegart werden. Die Gartemperatur liegt dabei unter 100 °C wodurch sich die Garzeit deutlich verlängert. Das Ergebnis ist zartes Fleisch und Gemüse, dass nur wenig von seiner Farbe verliert. Erreicht Geflügelfleisch nicht die geforderten 70 °C Kerntemperatur, sollte es anschließend kurz angebraten werden, damit eventuelle Mikroorganismen abgetötet werden. Die dabei entstehenden Röstaromen runden außerdem den Geschmack ab [9, 10].
Beim Grillen werden die Lebensmittel nicht durch die sie umgebende Luft, sondern durch direkte Wärmestrahlung erhitzt. Die Temperaturen sind deutlich höher als beim Backen und liegen etwa bei 300 °C. Wird in einem geschlossenen → Backofen mit Umluft gegrillt liegen die Temperaturen etwas niedriger zwischen 160 und 250 °C. Beim Kontaktgrill hat das Gargut Kontakt mit der Grillfläche, die Wärme muss also keine Luftschicht überwinden. Beim Grillen bleiben das Aroma und die Nährstoffe der Lebensmittel weitestgehend erhalten. Da für das Garen - wenn überhaupt - nur sehr wenig Fett verwendet wird, sind die Lebensmittel leicht verdaulich.
Verordnung (EU) 2017/2158 der Kommission vom 20. November 2017 zur Festlegung von Minimierungsmaßnahmen und Richtwerten für die Senkung des Acrylamidgehalts in Lebensmitteln. Zugriff am 27.05.2024
Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) (2024): Fragen und Antworten zu Acrylamid in Lebensmitteln. Zugriff am 18.09.2024
BfR-MEAL-Studie: Hohe Acrylamidgehalte in
Gemüsechips nachgewiesen. Mitteilung 41/2024 vom 16. September 2024. Zugriff am 18.09.2024
Deutsche Gesellschaft für Fettwissenschaft (DGF) (2012): Optimal Frittieren - Empfehlungen der Deutschen Gesellschaft für Fettwissenschaft. Zugriff am 27.05.2024
[1] Food Standards Agency (FSA): Families urged to 'Go for Gold' to reduce acrylamide
consumption. Zuletzt aktualisiert 23. January 2017.
[2] Presse- und Informationsamt der
Bundesregierung (2018): Neuregelungen im April 2018. Zugriff am 07.04.2018
[3] Amtsblatt der Europäischen Union: Rechtsvorschriften. 60. Jahrgang 21. November 2017
(deutsch). Zugriff am 07.04.2018
[4] Food Standards Agency (FSA): Acrylamide.
Zugriff am 18.09.2024
[5] Verbraucherzentrale (2024): Acrylamid: Problematischer Stoff in Lebensmitteln. Zugriff am 18.09.2024
[6] Chefkoch.de: Schonendes Garen in Folie. Zugriff am 03.07.2020
[7] Bundeszentrum für Ernährung (Hrsg.): Steaks vor oder nach dem Grillen salzen? Zugriff am 31.07.2020
[8] Hervé This-Benckhard: Rätsel und Geheimnisse der Kochkunst
naturwissenschaftlich erklärt. 2011
[9] Maria Marnitz: Sous-vide. Deutsche Medien-Manufaktur GmbH & Co. KG. Zugriff am 13.10.2020
[10] Stiftung Warentest (Hrsg.) (2017): Vakuumgaren im Wasserbad – so geht‘s. Zugriff am 13.10.2020
[11] UGB-Vereine für Unabhängige Gesundheitsberatung in Europa (Hrsg.) (2009): Wie werden ungesättigte Fettsäuren in Pflanzenölen
beim Erhitzen verändert? Zugriff am 18.09.2024
[12] Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) (2024): Fragen und Antworten zu Acrylamid in Lebensmitteln. Zugriff am 18.09.2024
Bundeszentrum für Ernährung (Hrsg.) (2017): Weniger Acrylamid in Pommes & Co. Zugriff am
07.04.2018
BBC News (1999): Health Cooking vegetables 'improves benefits'. Zugriff am 03.07.2020
Land der Erfinder – Das Magazin für Innovationen /2010): Duromatic – die Schweizer Erfindung. Zugriff am 03.07.2020
LUMITOS AG (Hrsg.): Siedepunkt.
Zugriff am 03.07.2020
Christine Dell'Amore: Cooking Gave Humans Edge Over Apes? National
Geographic News, February 13, 2009
Anke Polenz: Die neue Schule der Nahrungszubereitung. 2012
HEA (Fachgemeinschaft für effiziente Energieanwendung e. V.)
(Hrsg.): Das Blaue Kochbuch – das elektrische Kochen. 2011
Margot J. L. Nesso: Rationelle Nahrungszubereitung. 2004
Lexikon: Kochen. Meyers Großes Konversations-Lexikon (1905), CD-ROM
Version S. 104117 (vgl. Meyer Bd. 11, S. 216)