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Süßstoffe besitzen ein Vielfaches der Süßkraft von Zucker, liefern praktisch keine Kalorien und schonen die Zähne. Denn die Süßstoffe können von Bakterien nicht oder nur sehr langsam verstoffwechselt werden. Zur Kennzeichnung zahnschonender Lebensmittel gibt es das „Zahnmännchen“-Siegel [5, 6]. Anders als bei → Zuckeraustauschstoffen führt der Konsum von Süßstoff nicht zu Durchfall. Wegen ihrer hohen Süßkraft werden zum Süßen nur geringe Mengen Süßstoff eingesetzt. Deshalb lassen sich Süßstoffe nicht wie Haushaltszucker verarbeiten und schmecken auch nicht genauso. Saccharin beispielsweise hat einen leicht bitteren, metallischen Nachgeschmack. Der Geschmack lässt sich häufig durch die Verwendung verschiedener Süßstoffe in Kombination bestimmter Aromen verbessern [5].
In der EU wird bei den Lebensmittelzusatzstoffen nicht zwischen Süßstoffen (intense sweetener) und Zuckeraustauschstoffen (bulk sweetener) unterschieden, sondern beide unter dem Begriff „Süßungsmittel“ zusammengefasst. Seit dem 13. Dezember 2014 gilt dies auch in Deutschland [2]. Lebensmittel, die Süßstoff oder Zuckeraustauschstoff enthalten, müssen den Hinweis „mit Süßungsmittel(n)“ tragen [3].
Lebensmittel, die mit Aspartam und Aspartam-Acesulfam-Salz gesüßt sind, müssen mit dem Hinweis „Enthält eine Phenylalaninquelle“ gekennzeichnet sein. Die Information ist für Menschen mit Phenylketonurie (PKU) besonders wichtig, die eine strenge Phenylalanin-arme Diät einhalten müssen [3, 4].
Saccharin ist der älteste heute gebräuchliche Süßstoff. Er wurde 1878 vom deutschen Chemiker Dr. Constantin Fahlberg entdeckt [5, 7, 8]. Später kamen Cyclamat, Aspartam und Acesulfam hinzu. Neotam darf seit Januar 2010 in Lebensmitteln eingesetzt werden [9]. Im November 2011 hat die EU-Kommission Süßstoff aus den Blättern der Pflanze Stevia rebaudiana (Steviolglykoside) ab Dezember 2011 als → Zusatzstoff zugelassen [10]. Advantam erhielt im Juni 2014 die europaweite Zulassung und darf seitdem verwendet werden. Außergewöhnlich ist die sehr hohe Süßkraft von Advantam, die bis zu 37.000-fach höher als von gewöhnlichem Haushaltszucker (Saccharose) sein kann [11].
Zurzeit sind in der Europäischen Gemeinschaft 19 Süßungsmittel zugelassen. Elf der Süßungsmittel zählen zu den Süßstoffen.
E-Nummer | Energie | Süßkraft | |
Haushaltszucker (Saccharose) | 4,1 kcal pro 1 g | 1 | |
Acesulfam K | E 950 | Keine Kalorien | 130-200 |
Advantam | E 969 | Keine Kalorien | 20.000-37.000 |
Aspartam | E 951 | 4 kcal pro 1 g | 200 |
Aspartam-Acesulfam-Salz | E 962 | Nahezu keine Kalorien | 350 |
Cyclamat | E 952 | keine Kalorien | 30 bis 50 |
Neohesperidin DC | E 959 | Keine Kalorien | 400 bis 600 |
Neotam | E 961 | Keine Kalorien | 7.000 bis 13.000 |
Saccharin | E 954 | Keine Kalorien | 300 bis 500 |
Steviolglykoside („Stevia“) | E 960 | keine Kalorien | 300 |
Sucralose | E 955 | Keine Kalorien | 600 |
Thaumatin | E 957 | 4 kcal pro 1g | 2.000 bis 3.000 |
Tabelle 1: Vergleich der Süßkraft von Zucker und verschiedenen Süßstoffen [4, 11]
Bevor ein Süßstoff in den Verkehr gebracht werden darf, wird seine
gesundheitliche Unbedenklichkeit überprüft. Dabei wird auch eine
tägliche akzeptable Aufnahmemenge (Acceptable Daily Intake, ADI)
festgelegt. Die akzeptable Menge wird in Milligramm pro Kilogramm
Körpergewicht angegeben und gilt auch dann noch als gesundheitlich
unbedenklich, wenn die Menge ein ganzes Leben lang aufgenommen wird. Im
Allgemeinen wird die Höchstmenge kaum erreicht, wenn Süßstoff in den
allgemein üblichen Mengen verwendet wird.
Cyclamat beispielsweise hat einen ADI-Wert von 7 mg/kg Körpergewicht
und Tag. Bei einem Körpergewicht von 70 kg entspricht das einer
täglichen Menge von bis zu 490 mg. Wenn eine handelsübliche
Süßstofftablette 4 mg Saccharin und 40 mg Natriumcyclamat
enthält, dürfen täglich 12,25 Süßstofftabletten verzehrt werden, um den
ADI-Wert von Cyclamat zu erreichen. Gelegentliche kurzfristige
Überschreitungen dieses Wertes sind nach Aussage des Bundesinstituts für Risikobewertung (BfR) gesundheitlich
unbedenklich [2].
ADI-Wert [mg/kg Körpergewicht und Tag] | |
Acesulfam K | 9 |
Advantam | 5 |
Aspartam | 40 |
Aspartam-Acesulfam-Salz | Keine Beschränkung ("Acceptable") |
Cyclamat | 7 |
Neohesperidin DC | 5 |
Neotam | 2 |
Saccharin | 5 |
Steviolglykoside | 4 |
Sucralose | 15 |
Thaumatin | Keine Beschränkung ("Acceptable") |
Tabelle 2: ADI-Werte der verschiedenen Süßstoffe [2]
Am 14.7.2023 veröffentlichte die Internationale Agentur für Krebsforschung IARC (engl. International Agency for Research on Cancer) der Weltgesundheitsorganisation WHO, dass der Süßstoff Aspartam als „möglicherweise krebserregend“ eingestuft wurde. Die akzeptable Aufnahmemenge (Acceptable Daily Intake, ADI) von bis zu 40 mg pro Kilogramm Körpergewicht am Tag wurde jedoch nicht verändert. Ein gelegentlicher und moderater Konsum gilt als unbedenklich [18, 19].
Die Pflanze Stevia rebaudiana Bertoni stammt ursprünglich aus Paraguay, wo die Blätter seit Jahrhunderten zum Süßen verwendet werden. Die süß schmeckenden Bestandteile sind die Steviolglycoside. Dabei handelt es sich nicht um eine einzelne Substanz, sondern ein Stoffgemisch. Dadurch unterscheiden sie sich von Süßstoffen synthetischer Herkunft [12]. Angebaut wird Stevia rebaudiana insbesondere in China, Paraguay, Kenia und den USA [13].
Für die Gewinnung der Steviolglykoside werden zunächst die Steviablätter in einer wässrigen Lösung ausgelaugt und danach in einem mehrstufigen Verfahren ein weißes Pulver mit hoher Süßkraft hergestellt. Je nach Zusammensetzung der Steviolglykoside können sich die sensorischen Eigenschaften unterscheiden [12, 14]. In der "Verordnung (EU) Nr. 1131/2011
der Kommission vom 11. November 2011 zur Änderung von Anhang II der
Verordnung (EG) Nr. 1333/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates
hinsichtlich Steviolglycosiden" ( Zur Verordnung) sind die festgelegten Höchstmengen
und Beschränkungen einzusehen. So ist für Speiseeis beispielsweise eine
Höchstmenge von 200 mg/kg Steviolglycoside festgelegt. Für Kakao-
und Schokoladeprodukte liegt sie bei 270 mg/kg und für Kaugummi
gilt eine Höchstmenge von 3.300 mg/kg [15].
Süßstoffe sind keine neue Erfindung, allerdings galt es anfänglich noch, sich vor Verfälschungen von Nahrungs- und Genussmitteln durch Süßstoff zu schützen. Denn Süßstoffe haben zwar eine höhere Süßkraft als Zucker, nicht aber die entsprechenden Nährwerte [16].
Ein Gesetz betreffend den Verkehr mit künstlichen Süßstoffen trat am 1.
Oktober 1898 in Kraft, es schränkte die Verwendung von Süßstoffen
erheblich ein. In § 1 wird Süßstoff wie folgt definiert:
"Künstliche Süßstoffe im Sinne dieses Gesetzes sind alle auf künstlichem Wege gewonnenen Stoffe, welche als Süßungsmittel dienen können und eine höhere Süßkraft als raffinierter Rohr- oder Rübenzucker, aber nicht entsprechende Nährwerte besitzen" [17].
Durch das Reichsgesetz vom 7. Juli 1902 wurde die Herstellung von Süßstoff, dessen Verwendung bei der Herstellung gewerblicher Nahrungs- oder Genussmittel, die Einführung aus dem Ausland und das Feilhalten sowie der Verkauf von Süßstoff oder süßstoffhaltigen Nahrungsmitteln verboten. Für Diabetiker wurden allerdings Ausnahmen eingeräumt. So war der Verkauf unter bestimmten Bedingungen (wie einem ärztlichen Rezept) in Apotheken gestattet. Ebenso durfte Süßstoff an „Apotheker, Personen zu wissenschaftlichen Zwecken, Leiter von Krankenanstalten, an Gasthofbesitzer in Kurorten mit Diabetikern etc.“ abgegeben werden. Während des Ersten Weltkrieges wurden wegen des Zuckermangels die Bestimmungen des Süßstoffgesetzes zum Teil außer Kraft gesetzt [7, 16].
Verordnung (EG) Nr. 1333/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Dezember 2008 über Lebensmittelzusatzstoffe. Diese Verordnung ersetzt die Richtlinie 94/35/EG über Süßungsmittel, die in Lebensmitteln verwendet werden dürfen.
Verbraucherzentrale (2024): Stevia – zuckerfreie Süße mit fraglichem natürlichem Image. Zugriff am 28.05.2024.
Anja Krumbe (2019): Verboten, verbannt, verschrien – Süße mit Geschichte. VFEDaktuell 171 І 2019
[1] Bundesministerium für Ernährung und
Landwirtschaft (2014): Süßungsmittel Advantam zugelassen. Zugriff
29.7.2019
[2] Bundesinstitut für Risikobewertung
(BfR): Bewertung
von Süßstoffen und Zuckeraustauschstoffen. Information des BfR vom
1. Juli 2014. Zugriff am 08.06.2021
[3] Bundesverband der
Verbraucherzentralen und Verbraucherverbände - Verbraucherzentrale
Bundesverband e. V. (vzbv): Süße Zusatzstoffe: Zuckeraustauschstoffe und Süßstoffe.
Zugriff 1.8.2017
[4] Deutsche Apotheker Zeitung: Süße
Alternativen. Zugriff 1.8.2017
[5] Prof. Dr. Hans Konrad Biesalski, Prof. Dr. Peter Grimm: Taschenbuch
Ernährung, 7. Auflage, 2017
[6] Bayerische Landeszahnärztekammer (2021): Zuckerersatz – gut für die Zähne? Zugriff am 08.06.2021
[7] Prof. Dr. A. Beythien und Ernst Dreßler (HG ), Mercks Warenlexikon. 1920
[8] Landesportal Sachsen-Anhalt (Hrsg.): Constantin Fahlberg: Entdecker des Saccharin. Zugriff am 08.06.2021
[9] Deutscher Süssstoffverband e. V.: Neotam. Zugriff am 08.06.2021
[10] Deutscher Süssstoffverband e. V.: Steviolglycoside "Stevia". Zugriff am 08.06.2021
[11] Deutscher Süssstoffverband e. V.: Süßstoffe im Überblick. Zugriff am 08.06.2021
[12] Deutsche Landwirtschafts-Gesellschaft (Hrsg.) (2015): Steviolglycoside – Kompaktwissen. DLG-Expertenwissen 14/2015. Zugriff am 09.06.2021
[13] PureCircle Stevia Institute (Hrsg.): Anbau und Nachhaltigkeit - Stevia-Anbau. Zugriff am 09.06.2021
[14] Universität Hohenheim (Hrsg.): Herstellung der Steviolglykoside. Zugriff am 09.06.2021
[15] VERORDNUNG (EU) Nr. 1131/2011 DER KOMMISSION vom 11.
November 2011 zur Änderung von Anhang II der Verordnung (EG) Nr.
1333/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates hinsichtlich
Steviolglycosiden. Zugriff 08.06.2021
[16] Süßstoffe, Meyers Großes Konversations-Lexikon (1905), S. 192510 (vgl. Meyer Bd. 19, S. 216)
[17] Jutta Grüne (1994): Anfänge staatlicher Lebensmittelüberwachung in Deutschland
[18] Tagesschau.de (2023): Aspartam "möglicherweise krebserregend". Zugriff am 14.07.2023
[19] Deutschlandradio (2023): Süßstoff Aspartam als möglicherweise krebserregend eingestuft, moderater Verzehr aber weiter „unbedenklich“. Zugriff am 14.07.2023
Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit
(EFSA): Süßungsmittel. Zugriff 08.06.2021
Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA): Aspartam. Zugriff 08.06.2021
Bundeszentrum für Ernährung: Süßende Lebensmittel und Süßungsmittel. Zugriff
am 09.06.2021
Bundeszentrum für Ernährung: Steviakraut
und Stevia-Extrakte. Zugriff am 09.06.2021