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Viele Menschen möchten keine Bekleidung oder Schuhe aus (Rinder-)Leder tragen, sei es aus religiösen Gründen oder anderen Überzeugungen. Inzwischen gibt es auf dem Markt einige pflanzliche Alternativen.
Ursprung dieser Lederalternative sind Zellulosefasern, die aus Blättern der Ananaspflanze stammen. Entwickelt wurde die Lederalternative von Dr. Carmen Hijosa und basiert auf einer Idee, die sie bereits in den 1990 Jahren hatte. Damals arbeitete sie als Beraterin für die Lederexportindustrie auf den Philippinen und war geschockt, welche Auswirkungen die Massenproduktion von Leder auf die Umwelt hat. Da sie in der PVC-Variante keine Lösung sah, überlegte sie an einer nachhaltigen Alternative.
Das Erfreuliche an Piñatex ist, dass als Rohstoff die lanzettartigen Blätter der Ananaspflanze dienen, die nach der Ananasernte als Abfall zurückbleiben. Für die Produktion eines Quadratmeters Piñatex werden rund 480 Blätter benötigt. Die langen Fasern werden aus den Blättern herausgelöst, anschließend gewaschen, getrocknet und gereinigt. Nachdem die Fasern von Verunreinigungen befreit sind, können sie zu einem Faserstoff verarbeitet werden. Danach wird das Material gegerbt und mit einem Harz auf Erdölbasis versiegelt. Allerdings wird an einer biologisch abbaubaren Alternative gearbeitet. Aus Piñatex werden Schuhe, Taschen, Jacken, Geldbörsen, Uhrenarmbänder und sogar Möbel hergestellt [1, 2, 3, 4, 23, 24].
Piñatex ist flexibel, atmungsaktiv, wasserabweisend und robust und kann sowohl bedruckt als auch genäht werden [1, 3].
Taschen aus Piñatex sollen mit natürlichem (evtl. farblosen) Wachs gepflegt werden. Verschmutzungen können mit einem weichen, feuchten Tuch entfernt werden [1, 23].
Um die Lederalternative zu produzieren, werden die Blätter der Maispflanze geschreddert und zu einem Brei verarbeitet. Mit diesem Brei wird ein Canvas-Bauwollstoff beschichtet. Das Ergebnis nennt sich C.W.L. genannt (Corn Waste Leather), denn es besteht zu 50 % aus Maisabfällen der Lebensmittelindustrie (Abbildung 1). Damit aus dem Material ein Schuh gefertigt werden kann, wird noch ein Innenfutter aus recyceltem Polyester und eine Sohle benötigt [5, 6, 7].
Schuhe aus C.W.L. können mit einem feuchten Tuch und Seife abgewischt werden. Es wird davon abgeraten die Schuhe in der Waschmaschine zu waschen [5].
Abbildung 1: Nahaufnahme Maisleder
Ausgangsmaterial für diese Lederalternative ist „Trester“, das sind Pressrückstände aus der Weinproduktion wie Schalen, Kerne und Stiele der Trauben. Für die Herstellung werden die im Traubentrester enthaltenen Fasern und Pflanzenöle zu einem lederähnlichen Material umgewandelt, das anders als Leder jedoch nicht gegerbt werden muss. Aus dem Material werden Kleidung, Schuhe, Taschen und Accessoires sowie Polstermöbel und Autositzbezüge gefertigt [8, 9, 10].
Die Eigenschaften sollen dem von tierischem Leder sehr ähnlich sein [8].
Für das „Apfelleder“ werden, ebenso wie für die Lederalternative aus Weintrauben, Pressrückstände z. B. von der Saftproduktion verwendet. Zuerst wird der „Trester“ getrocknet und anschließend die groben Stücke zu einem Pulver vermahlen. Zusammen mit einem Lösungsmittel und einem biologisch abbaubaren Kunststoffersatz aus Milcheiweiß (eventuell Farbpigmenten) wird das Apfelpulver zu einem Brei vermischt und auf einen Baumwollstoff aufgetragen. Durch den darunterliegenden Baumwollstoff erhält das Material seine reißfeste Eigenschaft. Die Dicke des Endproduktes kann variieren. Nach dem Auftragen der Mischung wird das Lösungsmittel gründlich ausgewaschen und die Stoffbahn bei 130 °C erhitzt. Die Oberfläche kann zum Schluss auch noch geprägt werden. Aus dem Material werden Handtaschen und Buchumschläge gefertigt [11, 12, 13].
Apfelleder ist wetter- und abriebfest [13].
Verschmutzungen können mit einem feuchten Tuch abgewischt werden. Taschen aus „Apfelleder“ müssen nicht imprägniert werden [11].
In ihrer Masterarbeit entwickelte Youyang Song aus Berlin ein neues lederähnliches Material aus Bioabfällen wie Bananen-, Orangenschalen oder Sojamilch. Zusammen mit einem natürlichem Bindemittel entsteht ein Verbundwerkstoff, der vollständig biologisch abbaubar ist und nach erneutem Kochen wieder verwendet werden kann. Das Material kann sehr unterschiedliche Eigenschaften haben: hart oder weich. Es ist wasserbeständig und lässt sich nähen, besticken oder mit dem 3D-Drucker verarbeiten. Auch verschiedene Muster und Farben sind mit dem Werkstoff möglich. Besonders reizvoll sind transparente Taschen. Mit dem „Cooking New Material“ gewann Youyang Song den ein&zwanzig Wettbewerb 2019 [14, 15, 16].
Pilze stehen in der Biologie zwischen Pflanzen und Tieren. Zwar können sie sich nicht bewegen, aber anders als Pflanzen sind sie nicht zur Fotosynthese fähig. Stattdessen ernähren sie sich von organischem Substrat. Champignons oder andere essbare Pilze sind der Fruchtkörper eines Pilzes. Daneben bilden sie ein weitverzweigtes Netzwerk aus mikroskopisch feinen Pilzfäden (Hyphen). Diese bilden das sogenannte Myzel, dass sich im Erdboden oder Holz ausbreitet [17]. Zur Produktion von Pilzleder wird sowohl der Fruchtkörper, als auch das Myzel verwendet. Das Berliner Unternehmen Zvnder verwendet für ihre Lederalternative den Zunderschwamm (Fomes fomentarius) ein Baumpilz. Der Pilz wird in Rumänien per Hand geerntet, die Kruste entfernt und danach das weiche Innere in Scheiben geschnitten. Nachdem diese von Hand in Form gezogen wurden, werden sie getrocknet [18]. Bei der Herstellung können die Materialeigenschaften an die Bedürfnisse angepasst werden. Aus dem Material werden Geldbörsen, Brustbeutel, Kappen, Uhrarmbänder oder Schuhe angefertigt. Das Projekt wurde 2015 mit dem Nachwuchsstipendium der Elsa-Neuman-Stiftung ausgezeichnet [19].
Die Lederalternative ist weich und ähnelt in seiner Haptik an Wildleder [18].
Ein anderer Ansatz wird von Mycotech Lab in Indonesien verfolgt. Sie produzieren ihr Pilzleder aus Pilzmyzel, das in Kunststoffbeuteln mit biologischen Abfällen wie Sägemehl entsteht. Die Matte aus Myzel wird geerntet und anschließend gegerbt. Dafür kommt weniger Wasser zum Einsatz, als bei einer traditionellen Ledergerbung [20]. Aus dieser Lederalternative werden Schuhe, Uhrarmbänder, Portemonnaies, Taschen oder Kartenhüllen produziert [21]. Neben Mycotech produzieren auch Unternehmen in Italien und den USA Lederalternativen aus Myzel. Auch Wissenschaftler der Universität Wien arbeiten an einem Lederersatzstoff aus Pilzmyzel [22]..
Das Material von Mycotech Lab ist atmungsaktiv, flexibel und robust. Es wiegt 400 g/m2, ist 3-9 mm dick und lässt sich nähen [20, 21].
Phool, ein indisches Unternehmen, hat sich zur Aufgabe gemacht, Blumen aus den Tempeln in Uttar Pradesh zu sammeln und wieder zu verwenden. Üblicherweise fallen im Tempel Ringelblumen, Rosen und Gänseblümchen an. In der Regel wurden die heiligen Blumen im Ganges entsorgt, was wegen der oftmals vorhandenen Giftstoffe wie Arsen, Blei und Kadmium äußerst problematisch ist. Entdeckt wurde die vegane Lederalternative „Fleather“ zufällig, als an einem anderen Produkt gearbeitet wurde. Auf einem Haufen ungenutzter Blütenfasern wurde eine „dichte, faserige Matte“ bemerkt, deren Textur in Aussehen, Elastizität und Zugfestigkeit der von Leder ähnelte. Für die Herstellung werden die Blumen zunächst per Hand von Verunreinigungen wie Papier und Plastik etc. befreit und die chemischen Rückstände entfernt. Anschließend werden die Blumen gewaschen, die Blütenblätter zerkleinert, in der Sonne getrocknet und schließlich fermentiert. Es dauert vier Monate um eine mehrschichtige Fleather Platte zu erhalten und es werden durchschnittlich 73 kg Blumen für einen Quadratmeter benötigt [25, 26, 27].
Video: This is Piñatex®. Hochgeladen am 21.11.2017
Video: Taschen aus Apfel-Leder. Galileo, hochgeladen am 03.07.2016
[1] Maravillas bags (Hrsg.): Das vegane Piñatex. Zugriff am 24.11.2020
[2] Julian Weiß und Caroline Reili (Hrsg.): Pinatex – Warum es kein Ananasleder ist. Zugriff am 24.11.2020
[3] Emma Tucker (2016): Leather alternative Piñatex is made from pineapple leaves. Zugriff am 24.11.2020
[4] Deutschlandfung nova (Hrsg.) (2017): Piñatex - Veganer Lederersatz aus Ananasfasern. Zugriff am 24.11.2020
[5] Veja Fair Trade SARL (Hrsg.): V-10 CWL WHITE ROUILLE. Zugriff am 24.11.2020
[6] Der Tagesspiegel (Hrsg.) (2019): Der Stoff der Zukunft. Zugriff am 24.11.2020
[7] VOGUE (Hrsg.) (2019): Sneaker aus Mais: Veja bringt Kultmodell V-10 als veganen Sneaker auf den Markt. Zugriff am 24.11.2020
[8] RESET – Digital for Good (Hrsg.) (2018): Vegea macht Taschen und Schuhe aus Weintrauben. Zugriff am 24.11.2020
[9] Petra Zimmermann (2018): „Veganes Leder“ als Alternative? Zugriff am 24.11.2020
[10] Eliiss (Hrsg.): The very first vegan leather made of Wine, 100 % sustainable. Zugriff am 24.11.2020
[11] Mit Ecken und Kanten (Hrsg.): nuuwaï – Vegane Taschen aus Apfelleder. Zugriff am 24.11.2020
[12] Galileo (2016): Taschen aus Apfel-Leder (Video). Zugriff am 24.11.2020
[13] Philipp Thurner: Apfelleder. Zugriff am 24.11.2020
[14] Rat für Formgebung Medien GmbH (Hrsg.) (2019): Cooking New Material. Zugriff am 10.12.2020
[15] Ms. Youyang Song: Material innovation. Zugriff am 10.12.2020
[16] Ms. Youyang Song: Cooking New Materials. Zugriff am 10.12.2020
[17] Wikipedia-Eintrag zu Pilzen. Zugriff am 10.12.2020 um 17:07 Uhr
[18] Universität Wien (Hrsg.) (2020): Pilz ersetzt Leder. Zugriff am 10.12.2020
[19] Fashion United (Hrsg.) (2018): Nachhaltige Textilinnovationen: Pilzleder. Zugriff am 10.12.2020
[20] Deutsche Welle (2020): Vegane Mode aus Pilzleder | Global Ideas (Video). Zugriff am 10.12.2020
[21] mycl.bio. Bandung, West Java, Indonesia. Zugriff am 10.12.2020
[22] Konradin Medien GmbH (Hrsg.) (2020): Pilze als Lederersatz. Zugriff am 10.12.2020
[23] MyGreenChoice (Hrsg.) (2020): Piñatex: Die spannende Story hinter dem Ananasleder. Zugriff am 15.12.2020
[24] Ananas Anam (Hrsg.): Ananas Anam, the makers of Piñatex®, an innovative natural textile made from waste pineapple leaf fibre is now a Certified B Corporation®. Zugriff am 15.12.2020
[25] The New Indian Express (Hrsg.) (2020): Phool.Co's eco-friendly leather 'Fleather': Just like leather, but far more sustainable. Zugriff am 14.06.2021
[26] PHOOL Made from Temple Flowers. Zugriff am 14.06.2021
[27] VeganFirst (Hrsg.): Fleather- The New Vegan and Eco-Friendly Leather, Solving Ganga’s Floral Waste Problem. Zugriff am 14.06.2021