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Lebensmittelinfektionen gehören nach wie vor zu den häufigen Krankheitsursachen. Obwohl unsere Lebensmittel durch regelmäßige Kontrollen und immer wieder reformierte und an die moderne Lebensmittelproduktion angepasste Gesetze und Verordnungen sehr sicher und qualitativ hochwertig sind, werden jedes Jahr Infektionen durch Lebensmittel gemeldet. Laut dem gemeinsamen nationalen Bericht des Bundesamtes für Verbraucherschutz (BLV) und dem Robert Koch-Institut (RKI) zu lebensmittelbedingten Krankheitsausbrüchen in Deutschland im Jahr 2023 vom 31. Oktober 2024 [2] waren die häufigsten Ursachen für lebensmittelbedingte Erkrankungen mit hoher Evidenz eine Infektion mit → Salmonella species (10|18), gefolgt von Noroviren (4|18) und → Bacillus cereus (2|18). Jeweils ein Krankheitsausbruch ließ sich auf → Clostridium perfringens und → Listeria monocytogenes zurückführen.
Zumeist wird zwischen Lebensmittelvergiftungen und Lebensmittelinfektionen
unterschieden. Lebensmittelvergiftungen sind Vergiftungen, die durch den
Verzehr von Lebensmitteln, mit von Mikroorganismen gebildeten Toxinen
(Giftstoffen) oder durch Verwendung unerlaubter Zusatzstoffe, durch
Rückstände und Umweltchemikalien oder durch die Behandlung von
Lebensmitteln verursacht werden. Bei Lebensmittelinfektionen handelt es
sich um mit der Nahrung aufgenommene pathogene Mikroorganismen, die sich
im Körper ausbreiten und vermehren und so Krankheiten verursachen. Möglich ist eine Lebensmittelinfektion beispielsweise durch die unzureichende Erhitzung von Speisen, wodurch Mikroorganismen nicht abgetötet werden. Eine weitere Ursache ist die ungenügende Kühlung von Lebensmittel. Ferner können Krankheitserreger durch erkrankte Menschen auf Lebensmittel übertragen werden [3].
In diesem Kapitel sollen einige Beeinträchtigungen von Lebensmitteln vorgestellt werden und wie man sich schützen kann.
Häufige Ursache für den Verderb von Lebensmitteln sind Mikroorganismen (griechisch mikro = klein). Es handelt sich um Organismen, die mit dem bloßen Auge nicht zu sehen sind. Zu den Mikroorganismen zählen → Bakterien, Archaeen und Eukaryoten (unter anderem → Sporentierchen, → Hefen und → Schimmelpilze). → Viren werden in der Mikrobiologie ebenfalls untersucht, obwohl sie klar von den Organismen abzugrenzen sind, weil sie keine zelluläre Struktur und keinen eigenen Stoffwechsel besitzen.
Bakterien sind einzellige Organismen ohne echten Zellkern, die verschiedene Formen annehmen können. Es werden stäbchenförmige, kugelförmige oder schraubenförmige Bakterien unterschieden. Bakterien können sich durch Zellteilung vermehren. Die Schnelligkeit der Vermehrung (Teilung) ist abhängig von den Lebensbedingungen, wie hoher Luftfeuchtigkeit, gutem Nährstoffangebot, Sauerstoffgehalt, pH-Wert und Temperatur. Besonders günstig für die Zellteilung sind Temperaturen zwischen 15 °C und 50 °C, während sie bei Temperaturen unter -5 °C und oberhalb 65 °C praktisch nicht mehr stattfindet.
Abbildung 1: Vereinfachtes Schema eines Bakteriums
Bakterien wachsen exponentiell. Um das zu veranschaulichen, soll
angenommen werden, dass eine Seerose einen Durchmesser von 25 cm
hat, das ergäbe eine Fläche von 490,78 cm2. Nach der ersten Teilung
wäre eine Fläche von 981,56 cm2 bedeckt. Nach der nächsten Teilung
würden die Seerosen schon eine Fläche von rund 0,20 m2, nach drei
weiteren Teilungen bereits 1,57 m2 eines Teiches einnehmen. Die
Fläche eines Fußballfeldes wäre etwa nach 18 Teilungen erreicht.
Nach 35 Teilungen würden die Seerosen eine Fläche von 843,16 km2
bedecken, zum Vergleich: der Bodensee hat eine Oberfläche von
536 km2.
Je nach Umweltbedingungen dauert die Teilung von Bakterien
unterschiedlich lange. Bräuchten die Seerosen für eine Teilung jeweils
einen Tag, hieße das, dass bereits nach 35 Tagen mehr als die Fläche des
Bodensees mit Seerosen bedeckt wäre.
Film zum Bakterienwachstum (englisch)
Zu den Bakterien zählen:
Als Viren (lateinisch virus: Schleim, Gift) werden biologische
Strukturen bezeichnet, die keinen eigenen Stoffwechsel besitzen und sich
nicht selbst vermehren können. Für die Teilung sind sie auf eine
Wirtszelle (Mensch, Tier oder Pflanze) angewiesen. Viren verbreiten sich
z. B. über die Luft oder Oberflächen, außerhalb der Wirtszelle werden
sie als Virions bezeichnet.
Die genetische Information eines Virus liegt entweder als DNA oder RNA
vor.
Um diese Erbinformation liegt ein Proteinmantel (Kapsid). Solche Viren
werden als unbehüllt bezeichnet, komplexere Viren sind mit einer Hülle
aus einer Lipiddoppelschicht umgeben. Die Hülle besteht teilweise aus
der Zellmembran der Wirtszelle.
Vermehrungszyklus (stark vereinfacht)
1) Ein Virion heftet sich zunächst an die Zellmembran einer Wirtszelle
(Absorption).
2) Anschließend dringt es in die Wirtszelle ein, indem die Virushülle
mit der Zellmembran verschmilzt oder das Virus durch Endozytose (Viropexis) eindringt
(Penetration).
3) Nach dem Eindringen wird die genetische Information (DNA oder RNA)
des Virus durch die Wirtszelle ausgelesen und es werden neue Bausteine
hergestellt (Replikation).
4) Durch die Wirtszelle werden neue Viren zusammengesetzt. Viren ohne
Hülle verlassen die Zelle durch Auflösen der Zellmembran, während
solche, die später eine Hülle haben werden, die Zelle durch Ausstülpung
der Zellmembran wieder verlassen. Die Zellmembran wird dann in eine
Virushülle umgewandelt (Masturbation und Liberation).
Infolge einer Virusinfektion kann es
1. zum Zelltod der Wirtszelle kommen, oder
2. zu einer ungehemmten Zellteilung der Wirtszelle kommen oder
3. die genetische Information des Virus wird in das Genom der Wirtszelle
eingebaut und an die Tochterzellen weitervererbt.
Viruserkrankungen wie HIV oder Hepatitis werden hier nicht behandelt, da es sich um keine Lebensmittelinfektionen handelt.
Zu den Viren zählen:
Schimmelpilze leben überall, sie sind sowohl in der Erde, der Luft, wie auch im Wasser anzutreffen und haben für den Menschen eine große Bedeutung. So werden sie zum Brotbacken, zur Wein- und Bierherstellung sowie zur Veredelung von Käse eingesetzt. Penicillin wird ebenfalls aus Pilzen gewonnen. Historisch werden Pilze zu den Pflanzen gezählt, obwohl sie kein Chlorophyll enthalten und sich von organischen Substanzen ernähren. Sind die organischen Substanzen abgestorben, so spricht man von saprophytischer Lebensweise, wie das bei Schimmelpilzen in der Regel der Fall ist.
Die Schimmelpilze sind keine systematische Gruppe, sondern eine
Zusammenfassung von Pilzen, die bestimmte physiologische oder ökologische Kriterien erfüllen.
Viele Schimmelpilze sind in der Gruppe der Schlauchpilze (Ascomyceten)
und Jochpilze (Zygomyceten) anzutreffen.
Schimmelpilze verbreiten sich über Sporen, die in großer Zahl gebildet
und über die Luft verteilt werden. Treffen Pilzsporen auf geeigneten
Nährboden, bilden sie Zellfäden (Hyphen) aus. Diese Hyphen sind farblos
und nur unter dem Mikroskop zu erkennen, die Gesamtheit der Zellfäden
wird als Myzel bezeichnet. Mit dem Auge sichtbar werden Schimmelpilze
erst, wenn ein (oft gefärbter) Schimmelbelag ausgebildet wird. Hierbei
handelt es sich um Strukturen, die neue Sporen bilden. Bei den
Schlauchpilzen (Ascomyceten) handelt es sich um sogenannte
Konidienträger, während bei Jochpilzen (Zygomyceten) die Sporen
in Sporangien entstehen, die am Ende der Sporangienträger ausgebildet
werden.
Das Wachstum von Schimmelpilzen ist abhängig von der
Umgebungstemperatur, dem Nährstoffangebot, dem Sauerstoffgehalt, der
Feuchtigkeit und dem pH-Wert des Nährbodens und weiteren Faktoren. In
einigen Fällen kann es beim Einatmen von Pilzsporen zu allergischen
Reaktionen kommen.
Zu den Schimmelpilzen zählen:
Bei der Hefe handelt es sich um einzellige Pilze, die zur Abteilung der Schlauchpilze (Ascomycota), in einigen Fällen auch zur Abteilung der Basidienpilze (Basidiomycota) gehören. Hefe spielt in der Lebensmittelproduktion eine große Rolle, es gibt Hunderte von Hefevarianten, Saccharomyces cerevisiae ist diejenige, die normalerweise zum Brotbacken und zur Bierherstellung verwendet wird.
Einige Hefepilze können beim Menschen Krankheiten auslösen (fakultativ pathogen). Zu den Hefepilzen zählen:
Sporentierchen sind durchweg parasitisch (Parasit = Schmarotzer) und gehören zum Stamm der Einzeller (Protozoa). Im Gegensatz zu Bakterien besitzen Sporentierchen einen echten Zellkern. Die Entwicklung einiger Sporentierchen ist sehr kompliziert und verläuft über mehrere Wirtswechsel, typisch ist aber die Ausbildung von Sporen, ein widerstandsfähiges Dauerstadium, das auch extreme Umweltbedingungen übersteht. Ein weltweit bekannter Vertreter der Sporentierchen ist die Gattung Plasmodium, der Auslöser der Malaria.
Hier soll nur Toxoplasma gondii besprochen werden.
Durch Schädlinge entstehen nicht nur erhebliche Schäden an Nahrungsmitteln, sie verunreinigen sie auch. Es muss deshalb in regelmäßigen Abständen kontrolliert werden, ob Spuren von Schädlingen in gefährdeten Bereichen (z. B. Küche oder Vorratslager) zu finden sind. Erkennungszeichen sind beispielsweise Häutungsreste, Kot, Fraßspuren, lebende und tote Tiere, Gespinste oder auch Larven.
Schädlinge sind beispielsweise:
Immer wieder gelangen Chemikalien in unsere Lebensmittel. Oftmals ist nicht nachzuweisen, ob und in welcher Menge diese Chemikalien gesundheitsgefährdend sind. Im Januar 2011 machte Dioxin in Lebensmitteln Schlagzeilen, das in erster Linie über fetthaltige tierische Lebensmittel wie aufgenommen wird. Wegen seiner hohen chemischen Stabilität wird Dioxin lange im Körper gespeichert. Die höchsten Dioxin-Werte sind in Milchprodukten, Fleisch, Fisch und Schalentieren zu finden [1]. Dioxin ist hochgiftig und kann das Immunsystem schwächen, das Krebsrisiko erhöhen und zu Reproduktions- und Entwicklungsstörungen führen. Dioxin entsteht in erster Linie bei industriellen Prozessen, kann aber auch natürliche Ursachen wie Waldbrände und Vulkanausbrüche haben.
Bei der Produktion kommen hin und wieder Fremdkörper in Lebensmittel. So wurde im Dezember 2023 vor Stücken aus hartem Kunststoff in Süßigkeiten gewarnt und im November 2023 fanden sich in diversen Fleischprodukten wie Leberwurst, Blutwurst und Jagdwurst Glassplitter [4].
Es ist oftmals schwer, sich einen Überblick über mögliche Risiken und
deren Vermeidung zu verschaffen. In Deutschland ist das Bundesinstitut
für Risikobewertung dafür zuständig, die Risiken für die menschliche
Gesundheit durch Chemikalien zu beurteilen.
Risikobewertung
von Chemikalien unter REACH.
Viele Informationen bietet auch das Bundesamt für Verbraucherschutz und
Lebensmittelsicherheit (BVL).
Deutschland: Lebensmittelsicherheit: Warnungen und Information der
Öffentlichkeit. Bundesamt für Verbraucherschutz und
Lebensmittelsicherheit (BVL). Zugriff am 21.6.2024
Informationen zu Rückrufaktionen,
Produktwarnungen und Sicherheitshinweise auch zu Nahrungs- und
Genussmitteln finden Sie auf der Internetseite von Gert Kretschmann
unter dem Link: https://produktrueckrufe.de/. Zugriff am 31.05.2024
Schweiz: Öffentliche Warnungen und Rückrufe von Lebensmitteln. Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen BLV. Zugriff am 31.05.2024
Österreich: Produktwarnungen
& Produktrückrufe. Österreichische Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit GmbH, kurz AGES. Zugriff am 31.05.2024
Bundeszentrum für Ernährung: Vorratsschädlinge.
Zugriff am 31.05.2024
[1] Weltgesundheitsorganisation (Hrsg.): Dioxins
and their effects on human health. WHO Fact sheet, Oktober 2016
[2] Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) (Hrsg.) (2024): Gemeinsamer nationaler Bericht des BVL und RKI zu
lebensmittelbedingten Krankheitsausbrüchen in Deutschland 2023. Zugriff am 05.11.2024
[3] NHS (Hrsg.): Food poisoning. Letzte Überprüfung: 18.06.2021. Zugriff am 13.07.2023
[4] Lebensmittelwarnungen.de: Das Portal der Bundesländer und des Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL). Zugriff am 05.01.2024
Dr. Sieglinde Stähle: Aktuelles zum Lebensmittelrecht, Teil 1 - Lebensmittelhygiene, 2009
Bönnhoff, N., Hemker, M.: Lebensmittelhygiene.
Empfehlungen für den haushaltsbezogenen Unterricht unter besonderer
Berücksichtigung des HACCP-Konzeptes. Arbeitsbericht Nr. 7/2007
Umweltbundesamt (Hrsg.) (2002): Leitfaden zur Vorbeugung, Untersuchung, Bewertung und
Sanierung von
Schimmelpilzwachstum in Innenräumen.
Bundesinstitut für Risikobewertung (Hrsg.)
(2009): Kriterien für Verzehrsempfehlungen bei Flussfischen,
die mit Dioxin und PCB belastet sind. Stellungnahme Nr. 005/2010
des BfR vom 12. Oktober 2009
Wikipedia: Viren https://de.wikipedia.org/wiki/Viren,
aufgerufen am 13.03.2011, 20:54 Uhr
Kück, Nowrousian, Hoff, Engh, Schimmelpilze: Lebensweise, Nutzen,
Schaden, Bekämpfung. Berlin, Heidelberg 2009
Prof. Dr. Johannes Wöstemeyer, Mikrobiologie. 2009
Georg Schön, Bakterien: die Welt der kleinsten Lebewesen, 1999
Pschyrembel Klinisches Wörterbuch, 256. Auflage, 1990
Pschyrembel Klinisches Wörterbuch 2011, 262. Auflage, 2010
Hans-Eckhard Gruner, Urania-Tierreich: Wirbellose Tiere, 1993
Encyclopaedia Britannica 2010
Urania Tierreich in sechs Bänden, Wirbelose 2 (Annelida bis
Chaetognatha), 1994
Urania Tierreich in sechs Bänden, Insekten, 1989