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Die Krankheit Botulismus wird durch Neurotoxine (Nervengifte) des → Bakteriums
Clostridium botulinum hervorgerufen. Die Bakterien sind weltweit verbreitet und kommen in Erde, Staub sowie Fluss- und Meeresablagerungen vor. Clostridium botulinum sind anaerobe (ohne
Sauerstoff lebende), grampositive, Sporen bildende Bakterien. Sporen
sind Dauerstadien, die fast alle Konservierungsverfahren überleben. Erst
durch Temperaturen über 100 °C können die Sporen abgetötet werden.
Die durch Clostridium botulinum produzierten Botulinum Neurotoxine (BoNT) dagegen
sind hitzeempfindlich, sie werden bereits bei Temperaturen oberhalb 80 °C zerstört. Besonders gut vermehren sich Clostridien in leicht saurem Milieu (pH-Wert >4,6), bei Temperaturen zwischen 4 und 49 °C (40 und 120 °F) und weniger als 2 Prozent Sauerstoff [1, 2, 5, 6, 7].
Den Zusammenhang zwischen dem Verzehr von verdorbenen Blut- oder
Leberwürsten und Botulismus entdeckte J. Kerner (1786-1862).
Benannt wurde die Krankheit nach dem lateinischen Wort für Wurst
„botulus“ [2].
Sporenbildende Bakterien Clostridium (Foto: Dr_Microbe, Türkei)
Die Krankheit kann unterschiedliche Ausprägungen haben: In Deutschland, Österreich und der Schweiz ist der Nahrungsmittelbotulismus die häufigste Form. Hierbei werden die Gifte zum Beispiel über kontaminierte Lebensmittel, oft Konserven, aufgenommen und im Darm resorbiert. Häufige Ursache sind selbst eingekochte Fleisch- und Gemüsekonserven.
Wundbotulismus entsteht durch die Besiedelung von Wunden mit Clostridium botulinum. In diesem Fall wird das Neurotoxin lokal im Wundbereich gebildet. Werden Sporen über den Mund aufgenommen, kann es zu einer Darmbesiedelung mit Clostridium botulinum kommen. Letztere Form kann bei Kindern im ersten Lebensjahr – insbesondere den ersten sechs Monaten – auftreten und wird als Säuglingsbotulismus bezeichnet. In einigen Fällen ist Honig die Ursache für die Übertragung der Sporen. Es kommen jedoch auch andere Naturprodukte wie Kräuter infrage, die mit Clostridien belastet sind. Für ältere Kinder und Erwachsene sind die Sporen in der Regel harmlos. In Einzelfällen können auch Erwachsenen durch die Aufnahme von Sporen erkranken, z. B. wenn vorher ein Breitbandantibiotikum gegeben wurde. Bei dieser vierten Form wird von intestinalem Botulismus gesprochen.
Botulismus ist zwar eine sehr seltene, aber gefährliche Krankheit, die nicht von Mensch zu Mensch übertragen wird. In den Jahren 2001 bis 2018 wurden dem Robert Koch-Institut in Deutschland jedes Jahr zwischen 0 und 24 Fälle einer Lebensmittelvergiftung durch den Erreger Clostridium botulinum gemeldet. In der Europäischen Union wurden zwischen 2012 und 2021 pro Jahr weniger als 100 Fälle von Botulismus registriert [1, 2, 5, 7].
Beim Nahrungsmittelbotulismus beträgt die Latenzzeit je nach Toxintyp und der Toxinmenge zwischen mehreren Stunden und drei Tagen. In seltenen Fällen verlängert sich die Latenzzeit auf bis zu acht Tage. Latenzzeit bezeichnt hier den Zeitraum zwischen dem Einwirken der Botulinumtoxine und dem Auftreten von Symptomen [11].
Beim Wundbotulismus können zwischen der Besiedelung mit Clostridium botulinum und dem Auftreten der ersten Symptome zwischen vier und vierzehn Tagen vergehen, während beim Säuglingsbotulismus die Inkubationszeit bei etwa zehn Tagen liegt [5].
Alle drei Formen des Botulismus zeigen ähnliche Krankheitszeichen. Der Nahrungsmittelbotulismus beginnt meist mit Symptomen einer Magen-Darm-Erkrankung. Es kommt zu Übelkeit, Erbrechen, Durchfall und Bauchkrämpfen. Dazu können Symptome wie zum Beispiel ein herabhängendes oberes Augenlid oder das Sehen von Doppelbildern (Diplopie), sowie motorische Sprechstörungen (Dysarthrie) und Störung des Schluckvorgangs (Dysphagie), Mundtrockenheit und Atemnot auftreten. Später folgt eine absteigende Lähmung der Arme und Beine. Die Wirkung der Botulinumtoxine kann bis zu 12 Wochen anhalten, in schweren Fällen kann es auch mehrere Monate dauern [1].
Beim Wundbotulismus dringen die Bakterien in Wunden ein und bilden dort Toxine. Diese Gifte greifen die Nerven an und können zu einer Schwächung der Muskulatur, einer undeutlichen Sprache oder der Unfähigkeit zu sprechen sowie Atemnot führen [3].
Meist ist von außen nicht zu erkennen, ob Lebensmittel Botulinumtoxine enthalten. Ein Hinweis sind „aufgeblähte“ Konserven (Bombagen), die durch gasbildende Clostridien entstehen. Diese Dosen sollten nicht gegessen, sondern vernichtet werden [2].
Vorsicht ist beim Einkochen geboten, insbesondere von säurearmen Lebensmitteln wie allen frischen Gemüsesorten, Feigen, Fleisch, Geflügel, Fisch, Meeresfrüchten und einigen Tomaten [4]. Physikalisch können bei kochendem Wasser keine Temperaturen von über 100 °C erreicht werden. Es wird deshalb empfohlen, die Einweckgläser innerhalb von ein, zwei Tagen ein zweites Mal auf 100 °C zu erhitzen. Sporen, die durch das erste Erhitzen nicht abgetötet wurden, keimen beim Abkühlen aus. Die sich dann entwickelnden Bakterien werden beim zweiten Mal erhitzen inaktiviert. Sollten Sie unsicher sein, können Sie durch erneutes Erhitzen der eingeweckten Lebensmittel vor dem Verzehr die Gifte inaktivieren. Dabei müssen mindestens 85 °C überschritten werden. Die Botulinumtoxine werden bei 85 °C nach ca. einer Minute inaktiv, bei 80 °C werden fünf Minuten benötigt [2, 5].
Selbst eingeweckte Lebensmittel sollten an einem sauberen, dunklen und kühlen Ort gelagert werden. Die empfohlene Lagertemperatur liegt zwischen 10 und 21 °C. Lagern Sie die Lebensmittel nicht in direktem Sonnenlicht, in der Nähe eines Herdes oder auf einem nicht isolierten Dachboden [4].
Einfrieren tötet die Sporen nicht ab [5].
Ein sicheres Verfahren zum Haltbarmachen von Lebensmitteln ist die Sterilisation unter Überdruck mit Temperaturen über 100 °C [2]. Für leicht säuerliche Lebensmittel empfiehlt das Landwirtschaftsministerium der Vereinigten Staaten (United States Department of Agriculture) Temperaturen zwischen 116 und 121 °C für die Sterilisation von Lebensmitteln [6].
Eine mögliche Quelle für Säuglingsbotulismus ist Bienenhonig, deshalb sollte Kindern unter einem Jahr kein Honig zum Essen gegeben werden. In Säuglingsfertignahrung muss der Hersteller dafür Sorge tragen, dass keine Bakterien in den Lebensmitteln vorhanden sind [2].
Meldepflicht nach § 6
IfSG
Meldepflicht nach § 7 IfSG
Botulinumtoxine – in der Kosmetik eher unter Botox bekannt – werden zur Korrektur von Falten eingesetzt. Es gibt jedoch auch medizinische Anwendungen. So wird Botulinumtoxin beispielsweise zur Therapie einer überaktiven Harnblase oder zur Behandlung spastischer Bewegungsstörungen eingesetzt. Ein Schlaganfall kann bei Patientinnen und Patienten Hirnschädigungen verursachen, die zu Bewegungsstörungen und Verkrampfungen der Muskulatur führen. Durch das Botulinumtoxin entspannt sich die Muskulatur und erhöht so die Lebensqualität der Patient:innen. Darüber hinaus soll Botulinumtoxin gegen übermäßiges Schwitzen und bei Spannungskopfschmerzen helfen [8, 9, 10].
Robert Koch-Institut (Hrsg.): Botulismus (Clostridium botulinum). Stand 26.06.2024
[1] Pfausler B. et al., Botulismus, S1-Leitlinie, 2024; in: Deutsche
Gesellschaft für Neurologie (Hrsg.), Leitlinien für Diagnostik und Therapie in der Neurologie. Online: https://dgn.org/leitlinie/botulismus. Zugriff
am 01.08.2024
[2] Bundesinstitut für Risikobewertung
(BfR) (2020): Schutz vor Botulismus durch Lebensmittel. Zugriff
am 01.08.2024
[3] Centers for Disease Control and
Prevention (CDC): Injection Drug Use and Wound Botulism. Letzte Überprüfung am 18.04.2024. Zugriff
am 01.08.2024
[4] Centers for Disease Control and
Prevention (CDC): Home-Canned Foods. Letzte Überprüfung 25.04.2024.
Zugriff am 01.08.2024
[5] Robert Koch-Institut (Hrsg.) (2022): Botulismus – RKI-Ratgeber. Zugriff am 01.08.2024
[6] United States Department of Agriculture (USDA) (2015): Guide Part 1: Principles of Home Canning. Zugriff am 01.08.2024
[7] NHS (Hrsg.): Botulism. Überprüft am 3. Oktober 2022. Zugriff am 01.08.2024
[8] Deutsche Gesellschaft für ästhetische Botulinum- und Fillertherapie e. V. (Hrsg.): Was ist Botulinumtoxin? Zugriff am 02.08.2024
[9] Marien Hospital Herne: Botulinumtoxin (Botox®). Zugriff am 02.08.2024
[10] Universitätsklinikum Jena (2023): ‚Botox‘ nach Schlaganfall: Empfohlene Behandlung gegen Spastik viel zu selten angewandt. Zugriff am 02.08.2024
[11] Pschyrembel Klinisches Wörterbuch. 268. Auflage, 2020