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Escherichia coli gehört zur Familie der Enterobacteriaceae (griech. enteron = Darm) und ist ein gram-negatives, stäbchenförmiges → Bakterium, das im menschlichen und tierischen Darm vorkommt. Benannt wurde es 1919 nach seinem Entdecker Theodor Escherich (1857-1911). Die meisten Stämme sind harmlos, Enterohämorrhagische Escherichia coli (EHEC) dagegen können Toxine bilden; das sind Zellgifte, die beim Menschen zu schweren Erkrankungen führen können. EHEC-Erreger werden in verschiedene Serogruppen unterschieden. Weltweit spielt die EHEC-Serogruppe O157 in der öffentlichen Gesundheit eine besonders große Rolle [4]. EHEC vermehren sich in einem Temperaturbereich zwischen 7 und 50 °C, das Optimum liegt bei 37 °C [6].
Im Mai 2011 wurde der bisher größte HUS/EHEC-Ausbruch in Deutschland verzeichnet. Der als Serotyp O104:H4 identifizierte Erreger ist verantwortlich für das vermehrte Auftreten von blutigem Durchfall und dem sogenannten hämolytisch-urämischen Syndrom (HUS). Als Ursache gelten mit hoher Wahrscheinlichkeit aus Ägypten importierte Bockshornkleesamen. Der Verzehr der aus den Samen gezogenen Sprossen hat zu der Erkrankung geführt [1]. Die Anzahl der gemeldeten Erkrankungen hatte ihren Höhepunkt am 22.5.2011, seither ging die Zahl der Neuinfektionen langsam zurück [2]. Am 26.7.2011 wurde der EHEC/HUS O104:H4 – Ausbruch als beendet erklärt [3]. Als Konsequenz aus diesen Ereignissen gelten ab dem 1. Juli 2013 EU-weit neue Bestimmungen für die → Erzeugung von Sprossen.
Der Erreger und die von ihm verursachten Infektionserkrankungen treten weltweit auf. Das Hauptreservoir des Erregers bilden Wiederkäuer, vor allem Rinder, Schafe und Ziegen, aber auch Wildtiere wie Rehe und Hirsche. Der Erreger gelangt aus dem Darm der Tiere in tierische Lebensmittel, insbesondere → Fleisch und Rohmilch. Bisher wurde eine Vielzahl von Vehikeln für menschliche Infektionen nachgewiesen: Fleisch- und Fleischerzeugnisse, z. B. Rinderhackfleisch, Geflügelfleisch, Salami, → Milch und Milcherzeugnisse, wie beispielsweise Speiseeis, Eiprodukte (→ Eier) , nicht pasteurisierter Apfelsaft, → Obst und grünes → Blattgemüse (z. B. Sprossen und Spinat), fäkalienverseuchtes Trink- und Badewasser. Das Risiko, beim Verzehr von Lammfleisch und von Rohwürsten wie Zwiebelmettwurst, Streichmettwurst und Teewurst (→ Wurst) zu erkranken, ist besonders hoch. Eine Übertragung durch direkte Tier-Mensch-Kontakte (z. B. in Streichelzoos oder bei Besuchen landwirtschaftlicher Betriebe) ist möglich. Für eine Infektion reichen weniger als 100 Erreger für eine Ansteckung (bei EHEC O157). Dadurch wird auch eine Übertragung von Mensch zu Mensch begünstigt, die bei anderen bakteriellen Magen-Darm-Erkrankungen eher unwahrscheinlich ist.
Die Angaben für die Inkubationszeiten unterscheiden sich etwas zwischen dem Robert Koch-Institut, das einen Zeitraum von 2 bis 10 Tagen [4] angibt und der WHO mit 3 bis 8 Tagen [7]. Einigkeit besteht bei der durchschnittlichen Inkubationszeit von 3 bis 4 Tagen. Die Angaben vom RKI beruhen in erster Linie auf Untersuchungen der Serogruppe O157.
Die Dauer der Keimausscheidung ist für O157 nachgewiesen, sie beträgt
einige Tage bis zu mehreren Wochen. Bei Kindern ist der Erreger deutlich
länger nachzuweisen. Eine Infektion kann frei von Symptomen verlaufen.
Die Erkrankung beginnt in der Regel mit wässrigen Durchfällen, die im
Verlauf der Erkrankung zunehmend wässrig-blutig erscheinen können.
Begleitsymptome sind Übelkeit, Erbrechen und zunehmende Leibschmerzen,
selten Fieber. In 10-20 % der Erkrankungen können eine
hämorrhagische Kolitis mit krampfartigen Abdominalschmerzen, blutigem
Stuhl und Fieber auftreten. Einen schweren Verlauf nimmt die Krankheit
meist bei Säuglingen, Kleinkindern und immungeschwächten Personen.
HUS = hämolytisch-urämisches Syndrom (HUS) ist die
schwerste Form der durch EHEC-Erreger hervorgerufenen Erkrankungen [4].
Kinder sollten in Streichelzoos beobachtet werden und die Hände nach dem Streicheln der Tiere nicht in den Mund stecken, sondern zuerst gründlich mit warmem Wasser und Seife die Hände waschen;
Rohe und leicht verderbliche Lebensmittel (z. B. Fleisch, Mettwurst, Milch und Milcherzeugnisse sowie Feinkostsalate) müssen kontinuierlich gekühlt werden → Lebensmittelhygiene [4];
Rohes → Obst und → Gemüse vor dem Verzehr gründlich waschen, wenn möglich auch schälen;
Lebensmittel (insbesondere Fleisch) müssen durchgegart werden, die Kerntemperatur sollte für 10 Minuten mindestens 70 °C erreichen (Empfehlung des RKI) [4];
Für Verbraucher in Privathaushalten empfiehlt das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) eine Zeitspanne von mindestens zwei Minuten, bei der im Kern der Lebensmittel eine Temperatur von 70 °C herrschen muss [6];
Kinder und ältere Menschen, aber auch Schwangere und immunsupprimierte Personen sollten nur tierische Lebensmittel zu sich nehmen, die entweder durchgegart sind, oder bei denen durch ein anderes Verfahren die Bakterien abgetötet wurden;
Um Kreuzkontaminationen zu verhindern, darf rohes Fleisch nicht mit anderen Lebensmitteln in Berührung kommen. Deshalb rohes Fleisch immer getrennt von anderen Lebensmitteln lagern und zubereiten. Auch beim Grillen immer unterschiedliches Grillbesteck und Teller für rohes und gegrilltes Fleisch verwenden;
Nach der Verarbeitung von rohem Fleisch müssen die Hände gewaschen (→ Händehygiene) und alle gebrauchten Geräte und Gegenstände gründlich gereinigt und desinfiziert werden;
→ Personalhygiene beachten. Insbesondere ist auf die Einhaltung einer strikten → Händehygiene zu achten;
In der Gemeinschaftsverpflegung ist die Abgabe von Rohmilch, Rohrahm oder nicht ausreichend erhitzter Milch untersagt [4];
Verbraucher sollten Rohmilch vor dem Verzehr abkochen, sicherer ist es allerdings auf → pasteurisierte oder ultrahocherhitzte Milch zurückzugreifen.
Küchenwäsche regelmäßig (mindestens täglich) wechseln und bei 60 °C oder chemo-thermisch desinfizieren mit einem → desinfizierenden Waschmittel. Eine thermische Desinfektion ist bei Temperaturen von über 90 °C zu erwarten [8]. Die DIN 10506:2023-03 verlangt allgemein das maschinelle Waschen bei mindestens 60 °C. Siehe Hinweis zum Thema 60-Grad-Programm bei Haushaltswaschmaschinen.
Für den Privathaushalt empfiehlt das BfR die Geschirrtücher und Reinigungstücher bei mindestens 60 °C [mit einem Vollwaschmittel*] zu waschen [6].
*Empfehlung des RKI
Damit von Sprossen und Samen zukünftig weniger gesundheitlichen Gefahren ausgehen, gelten ab dem 1. Juli 2013 EU-weit neue Bestimmungen.
Sprossen erzeugende Betriebe müssen zukünftig zeigen, dass sie den Hygieneanforderungen genügen. Wenn sie die Anforderungen erfüllen, erhalten sie eine Zulassung.
Verordnung (EU) Nr. 210/2013 der Kommission vom 11. März 2013 über die Zulassung von Sprossen erzeugenden Betrieben gemäß der Verordnung (EG) Nr. 852/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates.
Bei der Sprossenproduktion müssen in regelmäßigen Abständen Proben der Sprossen genommen und auf pathogene Bakterien untersucht werden. Ist die Probennahme bei Sprossen technisch schwierig, wird alternativ eine Untersuchung des benutzten Bewässerungswassers vorgeschlagen.
Verordnung (EU) Nr. 209/2013 der Kommission vom 11. März 2013 zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 2073/2005 im Hinblick auf mikrobiologische Kriterien für Sprossen und Probenahmevorschriften für Geflügelschlachtkörper und frisches Geflügelfleisch.
Damit unsichere Lebensmittel schnell vom Markt genommen werden können, wird ein System eingeführt mit dem Samen und Sprossen von der Produktion über die Verarbeitung bis zur Lieferung zurückverfolgt werden können.
Durchführungsverordnung (EU) Nr. 208/2013 der Kommission vom 11. März 2013 über die Anforderungen an die Rückverfolgbarkeit von Sprossen und von Samen zur Erzeugung von Sprossen.
In die Europäische Union eingeführte Sprossen oder Samen müssen mit einer Bescheinigung nachweisen, dass die Rückverfolgbarkeit der Sprossen gewährleistet ist und sie den in der Verordnung (EU) Nr. 209/2013 festgelegten mikrobiologischen Kriterien genügen.
Verordnung (EU) Nr. 211/2013 der Kommission vom 11. März 2013 über die Anforderungen an die Bescheinigung für die Einfuhr von Sprossen und von Samen zur Erzeugung von Sprossen in die Union.
Meldepflicht nach § 6
IfSG
Meldepflicht nach § 7
IfSG
Gesundheitliche Anforderungen,
Mitwirkungspflichten, Aufgaben des Gesundheitsamtes § 34 IfSG
Tätigkeits- und
Beschäftigungsverbot nach § 42 IfSG
Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR)
(2014): Schutz vor Infektionen mit enterohämorrhagischen E.coli (EHEC), Verbrauchertipps
Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) (2024): FAQ Escherichia coli in Mehl und Teig. Zugriff am 16.01.2024
Bayerisches Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (Hrsg.) (2022): EHEC (Enterohämorrhagische Escherichia coli) – Erkrankungen durch Lebensmittel: ein Überblick. Zugriff am 16.01.2024
Film zum E-coli Bakterium. Zugriff am 16.01.2024
[1] Gemeinsame Pressemitteilung von
BfR, BVL und RKI: EHEC O104:H4-Ausbruchsgeschehen in Deutschland
aufgeklärt: Auslöser waren Sprossen von aus Ägypten importierten
Bockshornkleesamen, 05.07.2011
[2] Robert Koch-Institut: Zur Entwicklung der Erkrankungszahlen im aktuellen
EHEC/HUS-Ausbruch in Deutschland - Update Epidemiologisches
Bulletin 20. Juni 2011 / Nr. 24
[3] Pressemitteilung des Robert
Koch-Instituts: EHEC/HUS
O104:H4 – Der Ausbruch wird als beendet betrachtet, 26. Juli 2011
[4] Robert Koch-Institut (Hrsg.):
RKI-Ratgeber für Ärzte - EHEC-Erkrankung, Stand: 01.06.2011. Zugriff am
2.9.2016
[5] Bundesinstitut für Risikobewertung
(BfR) (2007): Fragen und
Antworten zu EHEC. Zugriff am 2.9.2016
[6] Bundesinstitut für Risikobewertung
(BfR) (2014) Schutz vor Infektionen mit enterohämorrhagischen
E.coli (EHEC). Merkblatt des BfR. Zugriff am 2.9.2016
[7] WHO Fact sheet: E. coli. Revised 7 February 2018. Zugriff am 21.06.2019
[8] DIN 10506:2023-03 Lebensmittelhygiene - Gemeinschaftsverpflegung,
erschienen März 2023
Wikipedia über Theodor
Escherich, aufgerufen am 3.9.2016, 19:02 Uhr
Zeitschrift für Chemotherapie: Informationen für Ärzte und Apotheker zur
rationalen Infektionstherapie Escherichia coli (aus ZCT
1-2006)
Georg Schön, Bakterien: Die Welt der kleinsten Lebewesen, 1999
Pschyrembel Klinisches Wörterbuch 2011, 262. Auflage, 2010
Christian Berndt, Nina von Hardenberg: Ehec-Erkrankungen
nehmen stark zu, Süddeutsche Zeitung Nr. 127, 3. Juni 2011